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Mietrecht: Scheidung und Ehewohnung

    Mietrechtrechtliche Betrachtung: Scheidungs & Ehewohnung

    Häufige Mißverständnisse entstehen im Rahmen von Scheidungsverfahren. Zieht ein Ehepartner aus der Wohnung aus, und kündigt die Wohnung anschließend, so ist die Kündigung unwirksam. Die Kündigung wirkt also nicht etwa nur für seine Person! Beide Partner müssen die Kündigung gemeinsam erklären, damit endet das Mietverhältnis nach Ablauf der Kündigungsfrist und beide Partner müssen die Wohnung räumen.

    Will nur ein Partner ausziehen, der andere aber bleiben, so muss der andere Partner und der Vermieter zustimmen. Erst dann scheidet der Partner aus dem Vertrag aus. – Zur Zuweisung durch die Familiengerichte siehe nachstehend. Schließt der Vermieter mit dem ausgezogenen Mitmieter einen Aufhebungsvertrag ab, so ist hierzu nach überwiegender Meinung die Zustimmung des in der Wohnung verbleibenden Mitmieters (Ehegatten) erforderlich. Der BGH (Urteil vom 03.03.2004 – VIII ZR 124/03) hat sich dieser Meinung angeschlossen. Stimmt der in der Wohnung verbleibende Mitmieter der Aufhebung nicht zu, so kann darin eine unzulässige Rechtsausübung gesehen werden. Eine unzulässige Rechtsausübung liegt dann vor, wenn beachtliche Interessen seines von ihm getrennt lebenden Ehegatten durch die Aufhebung nicht verletzt werden, und dem ablehenden Verhalten kein schutzwürdiges Eigeninteresse zu Grunde lieget (so der BGH , Urteil vom 3.3.2004 a.a.o). Davon kann zum Beispiel (BGH) ausgegangen werden, wenn die Mieter schon drei Jahre getrennt leben und der verbleibende Mieter alleine in dieser Zeit die Mietzahlungen geleistet hat. In solchen Fällen ist also der Abschluß eines Mietaufhebungsvertrages auch ohne Zustimmung des in der Wohnung verbliebenen Partners möglich.

    Der ausgezogene Ehepartner haftet auch nach dem Auszug weiterhin als Gesamtschuldner zusammen mit dem anderen Partner für die alle mietrechtlichen Pflichten und Vertragspflichten, insbesondere aber für die gesamte Miete und vollständige Räumung sowie Schadensersatz z.B. wegen nicht erledigter Schönheitsreparaturen usw.. Zur Haftung für Stromkosten siehe weiter unten.

    Kündigt der Vermieter eine solche Wohnung, so muss die Kündigung auch an den bereits ausgezogenen Ex-Partner in dessen neuer Wohnung zugestellt werden (LG Mannheim WM 1994,538 BGH Z 1996/302).

    Zuweisung der Ehewohnung durch die Familiengerichte

    Die Familiengerichte können die Ehewohnung im Falle des Getrenntlebens bei Scheidung einem Partner zur alleinigen Nutzung zuweisen § 1361b BGB. Durch eine solche Zuweisung ändert sich an Rechtsverhältnissen an der Ehewohnung noch nichts. Sie gilt nur für die Dauer des Getrenntlebens bis zum Abschluß der Scheidung. Beide Ehepartner bleiben also Vertragspartner und haften gegenüber dem Vermieter auch bei einer vorläufigen Wohnungszuweisung für die Dauer des Getrennlebens. OLG Hamm 7. Senat für Familiensachen, Beschluß vom 18. Januar 2000, Az: 7 WF 31/00.
    Dem entsprechend muss der Vermieter an einem solchen Verfahren vom Gericht auch nicht beteiligt werden. Das Gericht greift nicht in die Rechte des Vermieters ein. OLG Koblenz 3. Senat für Familiensachen, Beschluß vom 1. September 1999, Az: 11 UF 299/99.

    Entgültige gerichtliche Zuweisung

    Können sich die Partner für die Zeit nach der Scheidung nicht darüber einigen, wer die Ehewohnung behalten soll, so kann das Familiengericht die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung regeln ( § 5 Hausratsverordnung). Erfolgt dann die Zuweisung durch das Gericht, so wird einer der Ehepartner Alleinmieter. Der Vermieter ist vom Gericht an dem Verfahren zu beteiligen.
    Wichtig für den Vermieter ist dabei, dass das Familiengericht zumindest eine zeitweilige Mithaftung des anderen Ehepartner noch anordnen kann. Sofern Zahlungsrisiken bestehen, sollte der Vermieter in jedem Fall einen entsprechenden Antrag bei Gericht einbringen. Dazu die Entscheidung des OLG Celle Senat für Familiensachen:

    OLG Celle, Beschluß vom 27. Juni 2001, Az: 10 UF 278/00 :
    Hat das Familiengericht die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung derart umgestaltet, daß nur noch ein Ehegatte das Mietverhältnis fortsetzt, kann es gemäß HausrVO § 5 Abs 1 S 2 auch noch Anordnungen treffen, um die Ansprüche des Vermieters zu sichern. Wenn also Zweifel daran bestehen, daß der das Mietverhältnis allein fortsetzende Ehegatte die Miete sicher zahlen kann, kann das Gericht auch eine angemessene Mithaftung des weichenden Ehegatten für die Mietzahlungen anordnen (hier: Mithaftung des weichenden Ehegatten für 18 Monatsmieten bis Ende Dezember 2004).

    Die Zuweisung der Ehewohnung ist nicht erfolgt: Was kann der (die) „Ex“ tun?

    Der aus der Wohnung ausgezogene Ehepartner kann vom geschiedenen Partner, der noch in der Ehewohnung verblieben ist die Zustimmung zur Kündigung des Mietverhältnisses verlangen. Verweigert der frühere Partner die Zustimmung, so kann auch eine Klage auf Zustimmung erhoben werden. Das Urteil des Gerichts ersetzt dann die Zustimmung. Grundsätzlich ist bei einem gemeinschaftlichen Mietvertrag die Kündigung von allen Mietern zu unterschreiben. Die fehlende Unterschrift des Partners wird nun durch das Urteil ersetzt. Vom Urteil ist gleichzeitig mit der Kündigung dem Vermieter eine beglaubigte Kopie oder Ausfertigung zuzustellen. Es ist dringend zu empfehlen in solchen Fällen einen erfahrenen Rechtsanwalt (Mietrechts-Spezialist oder auch Fachanwalt für Familienrecht) zu beauftragen.

    Hinweis: Voraussetzung dafür ist allerdings, dass sich der geschiedene Partner nicht – zum Beispiel im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung – zu einem anderen Verhalten verpflichtet hat. Haben sich die Parteien zum Beispiel darauf geeinigt, dass der geschiedene Partner in der Ehewohnung verbleiben kann und/oder bestehen noch Unterhaltspflichten, dann kann dies dem Exehepartner u.U. erfolgreich entgegen gehalten werden.

    Diese Vorgehensweise und die entsprechenden Ansprüche sind zwischenzeitlich in der Rechtsprechung anerkannt. Dazu als Beispiel das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichtes Hamburg vom 18. Mai 2001, Az: 8 U 177/00 über einen solchen Fall:

    „Haben Eheleute gemeinsam eine Wohnung angemietet, bestimmt sich ihr Innenverhältnis nach Scheidung und Auszug eines Mitmieters nach den Vorschriften über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, soweit dies nicht dem familienrechtlichen Charakter ihres Zusammenlebens widerspricht. Ist der in der Wohnung verbliebene frühere Ehegatte also nicht bereit oder in der Lage, den nicht nur vorübergehend ausgezogenen Ehegatten im Innenverhältnis von allen Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis freizuhalten oder seine Entlassung hieraus herbeizuführen, so hat der ausgezogene Mieter einen Anspruch auf Zustimmung der Kündigung des Mietverhältnisses.“

    „Platzverweis“ im Sinne des Gewaltschutzgesetzes

    Wird der Mieter, der mit dem Ehepartner gemeinsam die Wohnung angemietet hat, im Zuge des Gewaltschutzgesetzes verwiesen und ordnungsbehördlich in eine öffentliche Unterkunft eingewiesen, ändert sich dadruch nichts an seinem Status als Mieter bzw. Mitmieter der Ehewohnung. Der Vermieter kann auch den Partner, der aus der Wohnung gewiesen worden in vollem Umfang uneingeschränkt in Anspruch nehmen. ( AG Ludwigsburg WM 2004/608). Dies gilt sowohl hinsichtlich der Zahlung der laufende Miete und der Betriebskosten als auch für Renovierungen und die Räumung. Grundsätzlich gilt, dass alle Umstände, die in den Risikobereich des Mieters fallen nicht zu einer Beendigung der Mietzahlungspflicht führen (BGH NJW RR 1991,267)

    Haftung für Stromlieferungen und Kosten

    Über die Stromlieferungen machte sich das Ehepaar keine Gedanken. Auch nach der Trennung wurde der Strom über den bisherigen Anschluss weiter bezogen. Es gab weder einen schriftlichen Vertrag noch eine Anmeldung.

    Als die Zahlungen ausblieben, wandte sich der Lieferant wegen der Bezahlung der offenen Rechnungen auch an den Ehepartner, der schon längst nicht mehr in der Wohnung lebte. Mit Erfolg, wie das Landgericht Oldenburg (Landgericht Oldenburg (LG) ZK, Urteil v. 5.10.2005 – 5 S 590/04) entschied:

    „Der Liefervertrag sei dadurch zustande gekommen, indem die Eheleute fortdauernd Strom über diesen Anschluss bezogen hätten und bezahlten. Ein schriftlicher Vertrag sei nicht erforderlich. Rechtlich unerheblich sei ferner, über welchen der beiden Eheleute der Kontakt zum Lieferanten zustande kam und auf wessen Namen der Anschluss geführt werde. Da es sich bei der Abnahme von Strom für die Ehewohnung um ein Geschäft zur Deckung des angemessenen Lebensbedarfes handele, würden beide Eheleute gleichermaßen verpflichtet. Die Eheleute haften danach gesamtschuldnerisch, und zwar so lange, bis die Trennung dem Versorgungsunternehmen angezeigt werde, entschied das Gericht.“

    Beim Auszug aus der Ehewohnung sollte also eine schriftliche Anzeige der Trennung an das Versorgungsunternehmen erfolgen. Durch den bloßen Auszug eines Ehegatten wird ein solches Dauerschuldverhältnis nicht beendet. Das kann zu hohen Haftungsrisiken eines Ehepartners führen.

    Mietrecht 08 – 2012 Mietrechtslexikon