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Mietpreisüberhöhung, Mietwucher, Wucher

    Wucher, Mietwucher, Mietpreisüberhöhung

    Eine starke Mietpreisüberhöhung, früher treffender als „Mietwucher“ oder „Wucher“ bezeichnet, ist nach dem deutschen Wirtschaftsstrafrecht (WiStG) eine Ordnungswidrigkeit.

    Mietwucher liegt vor, wenn ein Vermieter bei der Neuvermietung einer Wohnung oder bei Mieterhöhungen bei Ausnutzung eines geringen Angebotes an vergleichbaren Räumen eine mindestens 20 % höhere Miete als die ortsübliche Miete verlangt (BGH, Urteil vom 25. Januar 2006 – VIII ZR 56/04). Die Vereinbarung einer solchen Miete ist insoweit unwirksam (§ 5 WiStG, § 134 BGB – BGH a.a.O.). Der Vermieter handelt bereits ordnungswidrig, wenn er die überhöhte Miete nur fordert. Es nicht nicht notwendig, dass sich ein Mieter darauf einläßt und die überhöhte Miete tatsächlich bezahlt. Die ortsübliche Miete wird in der Regel durch die örtlichen Mietspiegel vorgegeben.

    Der Vermieter macht sich gegenüber dem Mieter schadensersatzpflichtig. Insbesondere ist der Vermieter aber auch verpflichtet, die zu viel erlangte Miete zuzüglich Zinsen und ggf. Kosten an die Mieter zurückzubezahlen:

    Dem Mieter steht nämlich wegen Teilnichtigkeit der Mietvereinbarung ein Rückforderungs-anspruch aus § 812 BGB i.V.m. § 134 BGB, § 5 WiStG i.H. des Differenzbetrags zu, wenn die vereinbarte Miete die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 20 %. übersteigt. Das setzt voraus, dass sich der Vermieter die Vertragsmiete infolge Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbaren Räumen hat versprechen lassen, was jedoch vom Mieter zu beweisen ist. Der Nachweis ist schwierig und gelingt häufig nicht. Dabei ist auf das gesamte Gebiet der Gemeinde und nicht nur auf den Stadtteil abzustellen, in dem sich die Wohnung befindet. Das Merkmal des „geringen Angebots“ ist deshalb nicht erfüllt, wenn der Wohnungsmarkt für vergleichbare Wohnungen nur in dem betreffenden Stadtteil angespannt, im übrigen Stadtgebiet aber entspannt ist (BGH 13.4.2005, VIII ZR 44/04). Abzustellen ist jeweils auf den „Teilmarkt“. Handelt es sich bspw. um eine Luxuswohnung, so ist bei der Beurteilung der Unwirksamkeit wegen Mietwucher darauf abzustellen, ob ein Mangel gerade an Luxuswohnungen bestanden hat, der ausgenutzt wurde (BGH, Urteil vom 25. Januar 2006 – VII ZR 56/04).

    Beim Tatbestandsmerkmal der „Ausnutzung“ ist nicht allein auf das Verhalten des Vermieters und die objektive Lage auf dem maßgeblichen Wohnungsmarkt abzustellen (BGH MK 04, 97). Angesichts der vielen denkbaren Motivlagen des Mieters für den Vertragsschluss muss sich dieses Merkmal auch auf seine Person beziehen. Wer die geforderte Miete ohne Weiteres oder aus besonderen persönlichen Gründen zu zahlen bereit ist, wer also eine objektiv bestehende Ausweichmöglichkeit nicht wahrnimmt, wird nicht „ausgenutzt“.

    Ausnutzen bedeutet das bewusste Zunutzemachen einer für den anderen Teil ungünstigen Lage (OLG Braunschweig ZMR 00, 18; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 8. Aufl., Rn. 76 nach § 535 BGB/§ 5 WiStG). Dazu gehört mindestens, dass der Vermieter erkennt oder in Kauf nimmt, dass der Mieter sich in einer Zwangslage befindet, weil er aus nachvollziehbaren gewichtigen Gründen nicht auf eine preiswertere Wohnung ausweichen kann.

    Mietwucher liegt auch dann vor, wenn der Vermieter falsche Angaben zur Wohnfläche macht. Ist die tatsächliche Wohnfläche wesentlich kleiner als im Vertrag angegeben, so kann sich hieraus eine Mietpreisüberhöhung, die zu einer Schadensersatzpflicht des Vermieters führt, ergeben (BGH Urteil v. 24.03.2004 Az: VII 44/03).

    Der Ersatzanspruch gegenüber dem vermieter verjährt in 10 Jahren ( § 199 Abs 3 BGB).

    Der Abschluss eines Mietvertrags mit einer stark überhöhte Miete kann unter Umständen auch als „wucherähnliches Rechtsgeschäft“ angesehen werden. Es kommt dann eine Rückforderung zu viel bezahlter Miete durch die Mieter aus § 812 Abs 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 138 Abs 1 BGB in Betracht (ungerechtfertigte Bereicherung – AG Hamburg, Urteil vom 1.8.2007 – 46 C 40/40 – WM 9/2008 Seite 565 ff). Nach Ansicht des AG liegt eine stark überhöhte Miete dann vor, wenn die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltende vergleichbare Rendite für deutsche Pfandbriefe um mehr als 50% überschritten wird (die Rendite liegt in der Regel zwischen 6,5 und 7,5 %). Für die Berechnung muss man den Verkehrswert der vermieteten Immobilie kennen sowie die Bewirtschaftskosten und alle Mietflächen. In einer aufwändigen (und vielseitig angreifbaren) Berechnung kann man dann feststellen, welche Miethöhe der entsprechenden Rendite entspricht, um dann einen Vergleichswert mit der tatsächlich bezahlten Miete zu erhalten.

    § 5 des Wirtschaftsstrafrechtes hat folgenden Wortlaut, weitere Ausführungen dazu dürften sich erübrigen, der Wortlaut des Gesetzes ist eindeutig

    § 5 Mietpreisüberhöhung
    (1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig für die Vermietung von Räumen zum Wohnen oder damit verbundene Nebenleistungen unangemessen hohe Entgelte fordert, sich versprechen lässt oder annimmt.
    (2) Unangemessen hoch sind Entgelte, die infolge der Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbaren Räumen die üblichen Entgelte um mehr als 20 vom Hundert übersteigen, die in der Gemeinde oder in vergleichbaren Gemeinden für die Vermietung von Räumen vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage oder damit verbundene Nebenleistungen in den letzten vier Jahren vereinbart oder, von Erhöhungen der Betriebskosten abgesehen, geändert worden sind. Nicht unangemessen hoch sind Entgelte, die zur Deckung der laufenden Aufwendungen des Vermieters erforderlich sind, sofern sie unter Zugrundelegung der nach Satz 1 maßgeblichen Entgelte nicht in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung des Vermieters stehen.
    (3) 1 Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden.

    Mietrecht 09 – 2015 Mietrechtslexikon