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Vermieter muss zukünftigen Eigenbedarf berücksichtigen

    Mietrecht: Die Kündigung ist unwirksam trotz bestehendem Eigenbedarf

    Die „treuwidrige“ Kündigung: Eine Eigenbedarfkündigung verstößt gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) und ist damit unzulässig, wenn schon bei Abschluß des Mietvertrages Eigenbedarf vorhersehbar war bzw. vorlag. Das BVerfG (WM 89,114) geht von einem widersprüchlichen Verhalten des Vermieters aus, wenn er die Wohnung unbefristet vermietet, obwohl er bereits etwas anderes vor hat oder aber in Erwägung zieht. Der Vermieter sollte also beim beim Abschluss eines unbefristeten Mietvertrages bereits berücksichtigen , welche Familienangehörige künftig einmal Interesse an der Wohnung haben könnten. Wichtig: die Kündigung ist aber nicht mehr unwirksam, wenn zwischen Vertragsabschluß und Kündigung 5 Jahre liegen (BVerfG WM 89,114).

    In einem konkreten Fall schloss ein Eigentümer einen Mietvertrag mit einem Fremden, obwohl zu Hause die 20-jährige Tochter in einem nur 12 qm großem Zimmer hauste. Als die Tochter ausziehen wollte kündigte der Eigentümer wegen Eigenbedarf. Zu Unrecht befand das LG Berlin (Az 63 S 237/97). Der Vermieter hätte nach Ansicht des Gerichtes von Anfang an damit rechnen müssen, dass seine Tochter früher oder später ausziehen und mehr Wohnraum beanspruchen würde. Der Mieter genießt daher in diesem Fall vom Gericht „verordnet“ fünf Jahre Kündigungsschutz. Ebenso entschied das LG Gießen (1. Zivilkammer, Urteil vom 18. Oktober 1995, Az: 1 S 296/95): „Es sei vorhersehbar, dass sich ein Abiturient dazu entschließen werde am Wohnort der Eltern zu studieren“. Das Mietverhältnis konnte auch in diesem Fall nicht vor Ablauf von 5 Jahren wirksam wegen Eigenbedarf gekündigt werden!

    Auch der Erwerber vermieteten Wohnraums muß sich die Erwartung des Mieters auf den längeren Bestand des Mietverhältnisses ebenso zurechnen lassen. Vorausetzung ist, dass das Mietverhältnis, in welches der Erwerber gemäß § 566 Abs. 1 BGB auf Vermieterseite durch den Eigentumswechsel eingetreten sind, besondere Umstände aufweist, die eine kurzfristige Kündigung nach Übernahme (Erwerb) des Objektes als widersprüchlich zum früheren Verhalten auf Vermieterseite erscheinen lassen. Solche Umstände liegen insbesondere dann vor, wenn der Mieter erst relativ kurzfristig vor dem Erwerb mit hohen Kosten in die Wohnung eingezogen ist. Die Kündigung wegen Eigenbedarf greift in diesem Fall nicht durch, wie es das LG Arnsberg 6. Zivilkammer, Beschluß vom 4. Dezember 1992, Az: 6 T 508/92 ausdrückte. Der Erwerber handelt dann gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Das Gericht ließ offen, ob die Kündigung auch dann noch als treuwidrig zu beurteilen wäre, wenn die Erwerber den Mietern von vornherein eine Abstandssumme im Hinblick auf ihre Investitionen in der Wohnung und die durch einen doppelten Umzug innerhalb eines knappen Jahres veranlaßten Mehrkosten angeboten hätten. (LG Arnsberg a.a.O.)

    Mietrecht 05 – 20152 Mietrechtslexikon