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Mietrecht: Kakerlaken in der Wohnung als Mietmangel

    Mietrecht: Ungezieferbefall – Kakerlaken und Mäuse

    Die Rechtsprechung geht bei massenhaften Auftreten von im Prinzip ungefährlichem Ungeziefer davon aus, das Ekelgefühle bei Menschen enstehen können. Erst recht gilt dies für Ungeziefer mit Gefahrenpotenzial für die Gesundheit.

    Schaben bzw. Kakerlaken gelten nicht als ganz ungefährlich, denn die deutsche Schabe kann Krankheitserreger, Fäulnisbakterien, Pilzsporen und Allergene übertragen. Bereits die Ekelgefühle können aber, wie es das LG Saarbrücken in einem Urteil vom 12. Juni 1989, (Az: 13 B S 123/88) ausdrückte, durchaus leicht zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. Die Beeinträchtigungen seien einmal unmittelbar physischer Art, wie etwa Brechreiz, darüber hinaus zu Beeinträchtigungen auch psychischer Natur, wenn die die Ekelgefühle auslösenden Umstände über einen längeren Zeitraum hinweg andauern. Der Mieter ist dann zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietvertrages sowie zu einer Mietminderung berechtigt. Siehe auch >>> Gesundheit.
    Ausnahmen gelten dann, wenn eine Ungezierbehandlung einfach und effektiv möglich ist, wobei der Einsatz von Insektiziden nicht zu weiteren u.U. ernsthafteren Gesundheitsbeeinträchtigungen führen darf (siehe unten). Als Beispiel für eine mißlungen Bekämfungsaktion bei dem schwer zu bekämpfenden Kugelkäfern siehe >>> Kugelkäfer.

    Bei einem in einem Altstadtgebiet liegenden Altbau aus dem 14./15. Jahrhundert stellt der Befall mit deutschen oder orientalischen Schaben allerdings keinen Mangel dar, wenn die Schaben nur in begrenztem Umfang oder nur gelegentlich und abhängig vom Wohn- und Hygieneverhalten der Bewohner auftreten. OLG Stuttgart 2. Zivilsenat, Urteil vom 10. Januar 1997, Az: 2 U 163/96. Fundstelle: NJW-RR 1997, 754-756.

    Mietrecht: Mäuse

    Das einmalige Auftreten einer Hausmaus, hat auch der städtische Mieter als unvermeidliche einmalige Begleiterscheinung des Alltags hinzunehmen. AG Brandenburg a.a.O.

    Mäuse in der Wohnung sind Ungeziefer, das in einer Stadtwohnung nicht hinzunehmen ist. Bei erheblichem Befall ohne vorangegangenes Anlocken ist der Mieter zur fristlosen Kündigung des Mietvertrags berechtigt; die Miete ist bis zu 100% gemindert. AG Brandenburg, Urteil vom 6. August 2001, Az: 32 C 520/00

    Befallen Mäuse die Wohnung, kann der Mieter wegen Gesundheitsgefährdung zur fristlosen Kündigung nach BGB § 569 berechtigt sein. AG Tiergarten, Urteil vom 30. Januar 1997, Az: 6 C 177/96 Fundstelle : MM 1997, 243.
    Zu beachten: Allerdings scheidet eine Kündigung durch den Mieter nach § 569 BGB dann aus, wenn die Gesundheitsgefährdung durch verhältnismäßig leicht und kurzfristig zu beseitigende Missstände verursacht wird und wenn der Vermieter auch zu sofortiger Abhilfe bereit ist (LG Saarbrücken WM 1991, 91 ff.). 5 und mehr Mäuse, die im Wohnzimmer umhergelaufen sind, waren in der Wohnung keine Seltenheit.

    Eine Mäuseplage in einer Mietwohnung stellt auch auf dem Land einen Mangel der Mietsache iS von BGB § 536 Abs 1 dar und berechtigt den Mieter zur Minderung der Mietzahlungen.

    Die Höhe der Minderung bemißt das Gericht auf 10%. Eine höhere Mietminderung kam nicht in Betracht, da das Mietobjekt auf dem Lande liegt und nach den Angaben der Zeugin R. in der Nachbarschaft eine Schweinezucht betrieben wird und auch Rinder gehalten werden. Das Vorkommen von Mäusen auf dem Lande, insbesondere, wenn in der Nähe des Objektes Tierhaltung betrieben wird, ist anders als in einer Stadtwohnung nicht vermeidbar. (15 gefangene Mäuse an einem Tag) . AG Rendsburg, Urteil vom 4. März 1988, Az: 3 C 551/87.

    Problem Insektizidbehandlung

    Eine konkrete, sehr ernst zu nehmende Gesundheitsgefährdung tritt nicht durch das Ungeziefer ein, sondern in der Regel durch die Behandlung mit Insektiziden (Giften).
    Wir die Wohnung oder das gewerbliche Objekt mit Insektiziden behandelt, deren Anwendung in Wohn- und Aufenthalträumen bereits der Hersteller untersagt, begründet dies fristlose Kündigung des Mietvertrags durch den Mieter. AG Trier, Urteil vom 14. August 2001, Az: 6 C 549/00. Der Mietzins ist zu 100 % gemindert. Darüber hinaus haftet der Vermieter für sämtliche Schäden, insbsondere Umzugskosten, Arztkosten (bei ärztlicher Behandlung), Schmerzensgeld. In Betracht kommen auch etwa die Maklerkosten für die Anmietung einer neuen Wohnung, etwaige Renovierungskosten bei Einzug in die neue Wohnung oder unter bestimmten Voraussetzungen auch eine erhöhte Miete für die neue Wohnung.

    Der Vermieter haftet dabei auch für Verschulden der von ihm beauftragten Schädlingsbekämpfungsfirma. Allerdings kann sich Vermieter bei der beauftragten Firma versuchen schadlos zu halten.

    Beispielfall: Trotz eines Befalls mit Karkerlaken war die Wohnung nach Ansicht des LG Kiel, Urteil vom 5. September 1991, Az: 1 S 12/90, Quelle WuM 1992, 122 nicht so beschaffen, daß die Benutzung mit einer erheblichen Gefährdung der Gesundheit verbunden war. Auszug aus dem Urteil :

    An einer gesundheitsgefährdenden Beschaffenheit der Wohnung fehlt es schon deshalb, weil der Kakerlakenbefall ein in Kürze behebbarer Mangel war. Die Schädlingsbekämpfung wäre besonders einfach und effektiv gewesen, weil sich die Kakerlaken nur im Badezimmer befanden und ihnen als Unterschlupf die Nische unter der eingemauerten Badewanne diente. Dass das Besprühen (durch die Revisionsklappe hindurch) eventuell hätte wiederholt werden müssen (weil Eiergelege der Kakerlaken vorhanden gewesen sein können) , ändert nichts an der sofortigen Behebbarkeit der – abstrakt von Kakerlaken ausgehenden – Gesundheitsgefahr.

    Verantwortlichkeit des Mieters

    Der Mieter kann nicht verpflichtet werden, von außen in die Wohnung eindringende Kakerlaken oder Mäuse zu bekämpfen d. h. die Wohnung ungezieferfrei zu halten.

    Die formularvertragliche Vereinbarung, wonach der Mieter die Wohnung auf seine Kosten ungezieferfrei zu halten hat, ist unwirksam, wenn die Pflicht auch in die Wohnung eindringendes Ungeziefer betrifft. (Urteil des AG Bonn vom 8. Februar 1985, Az: 6 C 277/84)
    Auszug aus dem Urteil: „Zur Debatte steht hier nicht das gelegentliche Auftreten einer Hausmaus oder einiger Kakerlaken, die auch der großstädtische Mieter als unvermeidliche Begleiterscheinungen des Alltags entschädigungslos hinzunehmen hat. Vielmehr hat die Zahl der in der Wohnung des Beklagten und des Zeugen Dr. D. aufgetretenen Mäuse und Kakerlaken diese Grenze deutlich überschritten. Es liegt auf der Hand, dass auftretendes Ungeziefer in diesem Ausmaß zu einer deutlichen Beeinträchtigung der Wohnqualität und damit des vertragsgemäßen Gebrauches der Mietsache führt.“
    Anmerkung: Der Mieter war hietr zu einer Mietminderung berechtigt und konnte die Bekämfung der Schädlinge durch den Vermieter verlangen.

    Zu den Kosten der Schädlingsbekämpfung siehe >>> Schädlingsbekämpfung

    Mietrecht 11 – 2012 Mietrechtslexikon