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Die rechtliche Bedeutung eines Wohnungsübergabeprotokolls im Mietrecht

    Mietrecht: Übergabeprotokoll, Wohnungsabnahmeprotokoll

    Die Bezeichnung des Protokolls ist mietrechtlich völlig unerheblich, oft wird es auch als Abnahmeprotokoll bezeichnet. Gemeint ist eine von Mieter und Vermieter anlässlich der Übergabe der Wohnung nach Beendigung (bei Auszug) und/oder bei Übergabe der Wohnung zum Einzug bei Beginn des Mietverhältnisses unterschriebene Vereinbarung bzw. ein Beschrieb des Wohnungszustandes. Das Protokoll bei der Übergabe der Wohnung an den Mieter beim Einzug enthält häufig den Vermerk: „Die Räume werden wie gesehen übergeben“. Hat der Mieter eine solche Erklärung beim Einzug unterzeichnet, kann er sich in aller Regel nach dem Einzug nicht mehr darauf berufen, dass Teile der Wohung, Inventar oder Einrichtungsgegenstände nicht vertragsgemäß seien. Dies gilt jedoch nur, soweit anzunehen ist, dass dem Mieter der Zustand der Wohnung insoweit bekannt war. Fehlt zum Beispiel in einem Altbau jegliche Steckdose im Bad oder sind die Stromkreise unzureichend, so kann nach Ansicht des BGH aber nicht angenomen werden, dass dem Mieter dies bekannt war (BGH, Urteil vom 26. Juli 2004 – VII ZR 281/03).

    Wohnungsrückgabeprotokoll

    Nach Ansicht des BGH (NJW 1098, 446) besteht der Sinn und Zweck eines Rückgabeprotokolls darin, dass der Zustand der Mietsache beweissicher festgehalten wird. Der Mieter kann nur für solche verantwortlich gemacht werden, die in dem Protokoll auch vermerkt sind (OLG Celle MDR 1998,149), allerdings besteht keine Verpflichtung des Vermieters oder Mieters ein Protokoll überhaupt aufzustellen oder zu unterzeichnen. Nur wenn sich die Parteien zur Unterschrift entscheiden, dann kommt dem Protokoll eine erhebliche rechtliche Bedeutung zu. Selbst für Schäden, die bei der Rückgabe nicht erkennbar waren, soll es nach Ansicht des AG Pforzheim (WM 56, 2005) keine Ausnahmen geben. In dem Protokoll sei nach Ansicht des Gerichtes ein negatives Schuldanerkenntnis zu sehen (§ 397 Abs. 2 BGB). Der Vermieter trägt danach das Risiko von unentdeckten Schäden. Dies gilt allerdings nicht für Schäden, die der Mieter arglistig verschwiegen hat. Wird ein Schaden nicht im Protokoll vermerkt und später erst (z.B. anläßlich von Renovierungen) entdeckt, kann der Vermieter in aller Regel keine Beseitigung mehr vom Mieter verlangen und auch keine Reparaturkosten verlangen bzw. von der Kaution in Abzug bringen.

    Der Vermieter ist bei Beendigung des Mietverhältnisses auch dann zur Rücknahme der Wohnung verpflichtet, wenn diese noch nicht vollständig bzw. in verwahrlostem Zustand geräumt ist. Nur wenn sich aus Art und Umfang der zurückgelassenen Gegenstände ergibt, dass dem Vermieter eine Inbesitznahme nicht möglich ist, liegt eine Vorenthaltung der Mieträume durch den Mieter vor. Bleiben nur einzelne Gegenstände in der Wohnung, ist der Mieter mithin an der Inbesitznahme nicht gehindert und darf die Rücknahme bei Meidung des Eintritts von Gläubigerverzug nicht verweigern. Ersatzansprüche wegen des etwaigen Aufwandes für die vollständige Räumung sowie wegen Rückgabe der Räume in beschädigtem oder verschlechtertem Zustand bleiben davon unberührt. Weitere Details dazu siehe >>> Beendigung LG Berlin 63. Zivilkammer, Urteil vom 25. April 2003, Az: 63 S 292/02Quelle: Grundeigentum 2003, 880
    Dem Übergabeprotokoll kommt erhebliche – mit dem Mietvertrag gleichzusetzende Beweiswirkung zu. Eine genaues Protokoll ist insbesondere dann wichtig, wenn der Vermieter wie im nachstehenden Beispiel eines Urteils eine verwahrloste Wohnung zurücknehmen muss.

    Es besteht aber beiderseitig keine Verpflichtung im Mietrecht ein Protokoll anzufertigen oder zu unterschreiben! Weigert sich der Mieter bzw. Vermieter ein Protokoll anzufertigen bzw zu unterschreiben, dann sollte der Zustand der Wohnung durch einen Sachverständigen dokumentiert werden. Sofern dies aus Kostengründen nicht angezeigt erscheint, kann das auch ein unabhängiger Zeuge tun, der sich ggf. Lichtbilder anfertigen sollte und als Gedächnisstütze den Zustand der Wonung schriftlich festhalten sollte.

    Unwirksame Klausel in einem formularmäßig vorgedruckten Protokoll:

    Ist der Mieter nach dem Mietvertrag zur Vornahme von Schönheitsreparaturen nach einem Fristenplan verpflichtet, wobei bei vorzeitigem Auszug der zu zahlende Anteil dem Verhältnis der abgelaufenen Mietzeit zu den Fristen entspricht, so stellt eine Formularklausel, die der Mieter bei seinem vorzeitigem Auszug unterzeichnet, und die ihn verpflichtet, die gesamten Renovierungsaufwendungen zu übernehmen (dh auch s olche, die der Endrenovierung zuzuordnen sind, obwohl keinerlei Fristen abgelaufen sind, die eine Endrenovierung rechtfertigen würden), eine unangemessene Benachteiligung des Mieters dar. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Mieter die Wohnung unrenoviert übernommen hat, und er formularmäßig einer Durchführung der Renovierungsarbeiten durch den Vermieter zustimmt, ohne zu wissen, wie gravierend die damit begründete Belastung überhaupt wird. LG Köln 1. Zivilkammer, Beschluß vom 4. Januar 2002, Az: 1 T 501/01 Quelle: ZMR 2002, 275

    Gerichtsurteile, die durch ein Übergabeprotokoll entschieden wurden:

    Bindung des Vermieters an den Inhalt des Protokolls: (Schönheitsreparaturen)
    Das Übergabeprotokoll hat erheblich rechtliche Wirkungen. Enthält das Protokoll der Wohnungsabnahme keine aufgeführten Wohnungsmängel und beschreibt es die Wohnung als „im ordentlichen Zustand“ befindlich, so schuldet der Mieter keine Renovierungsleistungen (Schönheitsreparaturen). Dazu das Urteil des AG Münster, vom 9. Januar 1990, Az: 4 C 720/89. Im Protokoll sind entgegen der üblichen Praxis keinerlei Mängel der Wohnung aufgeführt. Schon dies spricht gegen einen möglichen Schadensersatzanspruch der klagenden Vermieterin wegen unterlassener Schönheitsreparaturen. Darüber hinaus ist im Übergabeprotokoll die Wohnung als „im ordentlichen Zustand“ bezeichnet worden. Ordentlich heißt im Volksmund soviel wie vertragsgemäß. Damit haben die Parteien bindend festgelegt, daß die Beklagte nach dem Auszug keine Schönheitsreparaturen mehr schuldet. Nach der Rechtsprechung des LG Münster kommt den Übergabeprotokollen in diesem Punkte eine rechtsgestaltende Wirkung zu, die kaum einen Gegenbeweis zuläßt. WuM 1990, 201.

    Verkürzte (abgesägte) Wohnungstüren:
    Haben Mietvertragsparteien bzw deren bevollmächtigte Vertreter im Übernahmeprotokoll bei Auszug des Mieters den vertragsgemäßen Übergabezustand der Mietsache ausdrücklich festgestellt, nachdem sie vorhandene Mängel als normale Gebrauchsspuren eingeschätzt haben, kann der Vermieter Schadenersatzansprüche (hier: zB wegen der Verkürzung von Türen) nicht mehr geltend machen. Die Anerkennung des vertragsgemäßen Übernahmezustandes ist eine endgültige Regelung, wobei dies auch für Mängel gilt, die nicht auf den ersten Blick oder nur durch einen Fachmann erkannt werden können. AG Braunschweig, Urteil vom 23. Dezember 1996, Az: 113 C 2740/96
    WuM 1998, 252

    Bindung des Mieters an den Inhalt des Protokolls: (Schäden)
    Haben die Parteien eine gemeinsame Wohnungsübergabe durchgeführt und den Zustand der Räume in einem von ihnen gemeinsam unterzeichneten Begehungsprotokoll dokumentiert, so muß der Mieter darlegen und beweisen, daß ein in dem Protokoll nicht aufgeführter Mangel (hier: Haarriß des Waschbeckens) bereits im Zeitpunkt der Übergabe der Räume vorhanden war. OLG Düsseldorf 10. Zivilsenat, Urteil vom 27. März 2003, Az: 10 U 64/02 Quelle: Grundeigentum 2003, 1080

    (Schönheitsreparaturen)
    Eine Klausel, die den Mieter zu den laufenden Schönheitsreparaturen „spätestens“ alle 2 Jahre (Naßräume) bzw 5 Jahre (übrige Räume) verpflichtet, ist unwirksam.
    Verpflichtet sich der Mieter in einem Übergabeprotokoll ausdrücklich, bestimmte Arbeiten bis zum Mietende auszuführen, so ist er unabhängig von der Wirksamkeit der mietvertraglichen Regelung daran gebunden; andererseits kann der Vermieter nicht die Ausführung weiterer Arbeiten verlangen. AG Schöneberg, Urteil vom 1. September 1999, Az: 7 C 328/98, ZMR 1999, 772

    Mietrecht 02 – 2012 Mietrechtslexikon