Zum Inhalt springen

Mietrecht: Wohnungsbesichtigung durch den Vermieter

    Mietrecht: Betreten der Wohnung durch den Vermieter – Besichtigungen

    Mietrechtlicher und verfassungsrechtlicher Grundsatz:

    Alle Mieter haben ein aus Art. 13 Abs 1 u. 14 GG (Grundgesetz) abgeleitetes Recht, in ihren Mieträumen in Ruhe gelassen zu werden (vgl. BVerfGE 32, 54 <75>) Dem Besitzrecht des Mieters kommt gegenüber dem Eigentumsrecht des Vermieters aus Artikel 14 Grundgesetz nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) eine herausgehobene Bedeutung zu (BVerfG MZM 2004, 186 ff; AG Bonn NJW-RR 2006, NJW-RR Jahr 2006 Seite 1387 ff).

    Vereinbarungen zwischen Mieter und Vermieter über das Besichtigungsrecht sind grundsätzlich möglich und zulässig. In vorformulierten Mietverträgen sind aber alle Klauseln, die ein Besichtigungsrecht ohne konkreten Anlaß und ohne Vorankündigung oder in Abwesenheit des Mieters vorsehen, als unwirksam (wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters § 307 BGB) anzusehen.

    Der Vermieter ist somit ohne Zustimmung des Mieter nicht dazu berechtigt das Mietobjekt (Wohnung oder Gewerberaum) zu betreten. Das bedeutet, dass der Vermieter vor jeder Besichtigung die Zustimmung des Mieters einholen muss.

    Seit langem ist aber auch anerkannt, dass der Vermieter einen Rechtsanspruch zur Besichtigung einer Mietwohnung hat, obwohl dies im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen ist. Ein solches Recht ergibt sich jedoch aus Treu und Glauben unter Berücksichtigung der konkreten Umstände und der örtlichen Verhältnisse.

    Im Einzelnen hat der Vermieter einen Anspruch auf Gestattung des Zutritts zu den Mieträumen und ihrer Besichtigung, wenn dazu ein konkret begründeter Anlass besteht, so z. B. wenn ihm Mängel der Mieträume vom Mieter angezeigt oder sonst bekannt geworden sind.

    Weiter ist der Vermieter nach § 242 BGB berechtigt, die Räume Interessenten vorzuführen, wenn er das Haus oder die Wohnung verkaufen will oder das Ende des Mietverhältnisses nahe bevor steht (Weitervermietung).

    Ein Besichtigungsrecht hat der Vermieter auch bei begründetem Verdacht, dass der Mieter oder dessen Erfüllungsgehilfen Obhuts- oder Sorgfaltspflichten bezüglich der Mieträume grob vernachlässigen oder sonst einen vertragswidrigen Gebrauch von den Räumen machen.

    Darüber hinaus ist dem Vermieter aber auch ein periodisches Besichtigungsrecht ohne besonderen Anlass in Zeitabständen von ein bis zwei Jahren zuzubilligen (AG Saarbrücken, Urteil vom 22.12.2004 – 4 C 365/04). Mag auch der Vermieter zu regelmäßiger Überprüfung der im ausschließlichen Besitz des Mieters befindlichen Räume und der dortigen Installationen auf mögliche Gefahren oder verborgene Mängel nicht verpflichtet sein, so gehen gegebenenfalls daraus folgende Schäden am Mietobjekt aber doch zu seinen Lasten, so dass er zum Schutz des Mietobjektes zu gelegentlicher Überprüfung jedenfalls in den genannten Zeitabständen in der Lage sein muss, so die wohl herrschende Meinung.

    Vorankündigung und Termin notwendig:

    Eine Besichtigung ohne vorherige mündliche oder schriftliche Ankündigung des Termins ist in aller Regel unzumutbar, es sei denn bei Gefahr in Verzug (Schadensabwehr). Ebenso hindert das verfassungsrechtlich besonders geschützte Besitzrecht des Mieters an den Mieträumen ein Betreten in Abwesenheit (Betreten in Abwesenheit allenfalls bei Gefahr in Verzug und Gefährdung erheblicher Rechtsgüter!!).

    Die Besichtigung an Wochentagen (ohne Samstag s.u.) ist wenigstens eine Woche vorher anzukündigen.

    Die Frage ob eine Besichtigung zumutbar ist, hängt auch im Einzelfall davon ab, wie lange das Mietverhältniss bereits besteht und welche Beeinträchtigungen für den Mieter mit der Besichtigung verbunden sind (BVerfG 1 BvR 2285/03 Urteil vom 16.1.2004). Einzelfallentscheidungen (Urteile) siehe Tabelle weiter unten).

    Verweigert der Mieter die Besichtigung, kann der Vermieter Klage beim Amtsgericht auf Duldung erheben.

    Regelungen im Mietvertrag

    Der Vermieter kann sich das Recht zu Besichtigungen im Mietvertrag einräumen lassen, Regelungen, die Besichtigungen ohne Vorankündigung und ohne berechtigten Anlaß (siehe vorstehend) einräumen sind aber immer unzulässig. Steht im Mietvertrag etwas anders, ist die Klausel wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters gem § 307 BGB unwirksam (siehe auch weiter oben) und der Mieter braucht sich nicht daran zu halten, es gelten dann die gesetzlichen Regelungen d.h. der Mieter muss eine Besichtigung dulden, wenn es einen berechtigten Grund dafür gibt und der Termin vorher angekündigt und vereinbart ist. Die Vereinbarung eines Termins kann nicht verweigert werden.

    Fotografieren verboten!

    Der Vermieter ist nicht berechtigt, anläßlich einer Wohnungsbesichtigung ohne Erlaubnis des Mieters in der Wohnung zu fotografieren oder eine Videoaufzeichnung anzufertigen, um deren Zustand festzuhalten. AG Frankfurt, Urteil vom 16. Januar 1998, Az: 33 C 2515/97 – 67, 33 C 2515/97, NZM 1999, 121-122

    Mieter zu Schadensersatz verpflichtet!

    Der Mieter macht sich schadensersatzpflichtig, wenn er vor Ablauf der Kündigungsfrist dem Vermieter eine Besichtigung der Wohnung zusammen mit Mietinteressenten nicht ermöglicht. AG Wedding, Urteil vom 20. Mai 1997, Az: 11 C 211/96, Grundeigentum 1997, 749. Auch insoweit kann der Vermieter aber Besichtigungen nur in sehr engen Grenzen verlangen. Voranmeldung (s.o.) an Werktagen ohne Samstage, an Samstagen oder Sonntagen sowie Feiertagen sind Termine nur in Absprache mit dem Mieter möglich – siehe nachstehend.

    Die Pflicht, den Vermieter die Wohnung besichtigen zu lassen, besteht nach ganz überwiegender Ansicht in Rechtsprechung und Literatur bereits einfachrechtlich nur in engem Rahmen und zu vertretbaren Zeiten (vgl. Emmerich, in: Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Zweites Buch §§ 535-563, 13. Bearbeitung 1995, §§ 535, 536, Rn. 186 ff.; Kraemer, in: Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl. 1999, III.A Rn. 1128) . BVerfG vom 1 BvR 2285/03 vom 16.1.2004. Das Besichtigungsrecht ist stark eingeschränkt. Eine grundlose Besichtigung ist nicht möglich. Kein vernüftiger Vermieter hat auch irgend ein Interesse daran, die Wohnung seinen Mieters willkürlich zu besichtigen oder nur weil es ihm „Spaß“ macht. Als Gründe für eine Besichtigung sind anerkannt:

    Besichtigungsgrund Gerichtsentscheidung
    Allgemeine Besichtigung – ohne konkreten Grund – periodisch In Abständen von 1 bis 2 Jahren zulässig. Viele Urteile dazu z.B. AG Saarbrücken, Urteil vom 22.12.2004 – 4 C 365/04, LG Berlin WM 1980, 185
    Zur Abwehr von Gefahren. Beispiele: Rauch kommt aus der Wohnung, Wasser tropft durch Decke usw. LG Mannheim WM 1974, 188; LG Bremen BIGBW 1964, 150
    Zur Feststellung des Zustandes der Mietsache – Feststellung der Notwendigkeit von Instandsetzungsarbeiten LG Stuttgart ZMR 1985, 273, AG Ibbenbüren, Urteil vom 1. September 1998, Az: 13 C 77/97
    Zur Überprüfung der vom Mieter behaupteten Mängel. AG Köln WM 1986, 86
    Zur Prüfung auf Erteilung einer Abgeschlossenheits-bescheinigung LG Hamburg WM 1994, 425
    Begründeter Verdacht einer vertragswidrigen Gebrauches AG Ibbenbüren, Urteil vom 1. September 1998, Az: 13 C 77/97
    Begründeter Verdacht der Vernachlässigung der >>> Fürsorgepflichten durch den Mieter AG Ibbenbüren, Urteil vom 1. September 1998, Az: 13 C 77/97
    Zur Durchführung von Schönheitsreparaturen bei Vertragsbeendigung AG Köln WM 1980, 85
    Zum Ablesen von Messeinrichtungen LG Köln WM 1985, 296, LG Hamburg DWW 1987, 164
    Begutachtung durch Sachverständige bei Mieterhöhung AG Rosenheim WM 1982, 83
    Bei Verkauf oder Neuvermietung AG Freiburg WM 1983, 112 (siehe auch Schadensersatzpflicht oben)

    Besichtigungszeiten

    Ist der Mieter darüber unterrichtet worden, dass der Vermieter das Haus oder die Wohnung verkaufen will, muss der Mieter dafür sorgen, dass die Wohnung während der ortsüblichen Besuchszeit vom Vermieter zusammen mit Intressenten besichtigt werden kann. In der Regel bedeutet dies die Zeit von 10:00 Uhr bis 13:00 Uhr und von 15:00 Uhr bis 19:00 Uhr. Trotzdem ist eine Terminabsprache mit dem Mieter notwendig. Ohne Termin keine Besichtigung. Überraschende Besuche muss der Mieter nicht hinnehmen. Der Mieter ist mindestens 24 Stunden vorher zu benachrichtigen, andernfalls kann er den Termin ablehnen ( AG Köln WM 1986, 86 ; AG Aachen WM 1986, 87). Bei berufstätigen Mietern kann die Anmeldefrist auch bis zu 4 Tagen betragen (z.B. Außendiensttätigkeit) (AG Münster WM 82, 282). Bei Berufstätigen sollten die Termine während zumutbarer Feierabendzeit zwischen 18:00 und 21:00 Uhr angeboten werden. Bei der Terminierung ist auf die Belange des Mieters Rücksicht zu nehmen. Kommt dem Mieter der Termin ungelegen, muss er ihn nicht akzeptieren. Der Vermieter sollte immer Ausweichtermine nennen. Es empfehlen sich „Blocktermine“ bei denen die Wohnung jeweils gleichzeitig mit mehreren Interessenten besichtigt wird. Besichtigung an Sonntagen nur mit Zustimmung des Mieters, ebenso an Samstagen. In jedem Fall ist der Vermieter gehalten, Interessen zu bündeln um seinen Informationsbedarf nach Möglichkeit in einem einzigen Besichtigungstermin zu befriedigen. Es verstößt jedenfalls gegen das Gebot schonender Rechtsausübung, wenn eine Mehrzahl von Besichtigungsgründen in kurzer Folge zum Gegenstand immer neuer Besichtigungsbegehren gemacht wird (AG Hamburg (Urteil vom 23. 2. 2006 – 49 C 513/05).

    Es reicht aus, wenn der Mieter die Besichtigung einmal wöchentlich für 3 Stunden ermöglicht (LG Kiel WM 93, 52). Hat der Mieter schon sehr viele Besichtigungen erduldet, so reicht es aus, wenn er nur einmal im Monat für 30 Minuten die Besichtigung zulässt ( AG Hamburg WM 92, 540).

    Schlüsselhinterlegung

    Für den Fall, dass der Mieter längere Zeit (mehrere Tage) abwesend (Arbeit, Urlaub, Krankheit) ist, muss er dem Vermieter oder einer anderen Vertrauensperson die Schlüssel überlassen, damit eine Besichtigung durchgeführt werden kann. Es genügt aber auch, dass der Mieter für den Vermieter (Handy) zumindest erreichbar ist, und so sichergestellt ist, das der Vermieter eine angemeldete Besichtigung auch in Abwesenheit des Mieters durchführen kann. In aller Regel (Ausnahme Verkaufbesichtigungen) ist es dem Vermieter aber zuzumuten so lange abzuwarten, bis eine persönliche Teilnahme des Mieters möglich ist.

    Dritte Personen

    Andere Personen als der Vermieter selbst haben nur Zutritt zur Wohnung entweder in Begleitung des Vermieters oder nach vorheriger Benachrichtigung durch den Vermieter unter Vorlage eines gültigen Personalausweises oder einer Legitimation (z.B. einer Vollmacht).

    Mietrecht 11 – 2014 Mietrechtlexikon