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Mietrecht: Wohnungsnutzung als Bordell

    Mietrecht: Nutzung der Wohnung im „horizontalen Gewerbe“ , Bordellbetriebe usw.

    Callgirl, Fotomodell, Hostessenbetrieb, Bordell, Swingerclub.
    Siehe dazu auch » Prostitution.

    Die Ausübung der Prostitution wird in Urteilen regelmäßig als eine gewerbliche Nutzung eingestuft, die nicht zulässig ist, wenn die Räume nur zu Wohnzwecken vermietet wurden. Mietrechtlich sind zwei alternative Fallgestaltungen zu unterscheiden:

    (1) Der Vermieter genehmigt das Gewerbe – Mitmieter wenden sich dagegen

    Der Bundesgerichtshof stellte in einem Urteil aus dem Jahr 1985 (!) bereits klar, dass moralische Bedenken bei der mietrechtlichen Beurteilung von Wohnungsnutzungen keine Rolle spielen.

    BGH 5. Zivilsenat, Urteil vom 12. Juli 1985, Az: V ZR 172/84:
    Eine das sittliche Empfinden von Nachbarn verletzende Nutzung eines Grundstücks durch einen Mieter, die nach außen nicht wahrnehmbar ist, begründet keinen Beseitigungsanspruch oder Unterlassungsanspruch nach BGB §§ 1004, 906 gegen den Vermieter, der die Genehmigung zru gewerblichen Nutzung erteilt hat.

    Im Mietrecht ist entscheidend, ob von dem „Betrieb“ nach außen Störungen ausgehen. Störungen sind auch darin zu sehen, dass andere Mieter mit Freiern oder „Besuchern“ zusammentreffen oder es zu peinlichen Verwechslungen (Eingangstüren, Haustürklingel usw.) kommen kann. Der Mieter kann Mietminderungsansprüche geltend machen und die Beseitigung der Störungen verlangen, was in aller Regel für den Vermieter bedeutet, den Bordellbetrieb einzustellen, bzw. das Mietverhältnis des Betreibers zu kündigen. In der Regel wird davon auszugehen sein, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass andere Mieter durch das „Gewerbe“ belästigt werden (bspw. wartende Freier im Hausflur). Belästigte Mieter können den Vermieter auf Untersagung der Ausübung der Prostitution in einer Wohnung verklagen.

    Weitere Beispiele aus folgenden Urteilen:

    Weder Vermieter noch Mitmieter brauchen einen regen Publikumsverkehr zu dulden. (AG Hamburg-Wandsbek WM 1984,280). Wenn eine Frau als Fotomodell arbeitet, und ein Fotograf zu ihr in die Wohnung kommt, so liegt darin noch keine unzulässige (störende) Betriebsausübung.

    Allein die Möglichkeit, dass Mitmieter in einem Haus, in dem ein Bordellbetrieb unterhalten wird, durch im Hausflur wartende „Freier“ belästigt werden, berechtigt – nur – zu einer Mietminderung von 10%. Eine Mietminderung um 30% ist allenfalls dann gerechtfertigt, wenn es tatsächlich zu konkreten Belästigungen der Mieter kommt. LG Berlin, Urteil vom 21. Juli 1995, Az: 64 S 84/95

    Duldet der Vermieter eines Wohnhauses, daß in einer ehemaligen Gaststätte im Erdgeschoß ein bordellartiger Betrieb (sogenannter „Swinger-Club“) eingerichtet wird, durch den für Mieter im ersten Stock unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen (durch Musik, Fahrzeugverkehr, lautstarke Besucher und Geschlechtsaktsgeräusche) sowie Geruchsimmissionen (durch Entlüftungsöffnungen dringende Rauch- und Nikotinschadstoffe) verursacht werden, dann ist der Mieter zu einer Minderung des Mietzinses um 55% im Winter und 70% im Sommer und darüber hinaus berechtigt, die Beseitigung der Mängel zu verlangen. AG Charlottenburg, Urteil vom 4. November 1998, Az: 20b C 182/96.

    Auszug aus dem Urteil des LG Mannheim a.a.O. unten: Durch die Überlassung eines Appartements an ein Callgirl gegen den üblichen Mietzins wird der Vermieter in doppelter Weise an seinem Vermögen geschädigt: durch Gefährdung seines Vermögens wegen erschwerter Vermietbarkeit der übrigen Wohnungen im Hause und durch Verminderung seiner Mieteinnahmen um die Differenz zwischen dem üblichen Mietzins und dem für die gewerbliche Nutzung eines Appartements durch ein Callgirl zu erzielenden Mietzins. Unter den Vermögensbegriff fällt und auch der gute Ruf eines Miethauses. Denn Vermögen ist nach hM die Gesamtheit der wirtschaftlichen Güter einer Person (Schönke-Schröder, StGB, 18. Aufl, 1976, § 263, RdNr 58ff mwN). Dass der gute Ruf und damit die Vermietbarkeit eines solchen Hauses nach dem Einzug auch nur einer Dirne sinken wird, weil ein erheblicher Teil der Bevölkerung nicht bereit ist, in einem solchen Hause zu wohnen, bedarf, da unmittelbar einsichtig, keiner näheren Darlegung. – So das sehr alte, und wohl heute nicht mehr zeitgemäße Urteil des LG Mannheim, Urteil vom 7. Oktober 1976, Az: 2 Ns 98/76 Fundstelle: NJW 1977, 160-160. In diesem Fall hatte ein Bekannter des Callgirl die Wohnung unter Vorspiegelung falscher Tatsachen angemietet. Hinweis: Es handelt sich hierbei um ein Strafurteil. Die Tätigkeit eines Mieters bzw- Mieterin als Callgirl oder Callboy kann regelmäßig von Mitmietern nicht bemerkt werden, tritt also nach außen nicht störend in Erscheinung. Mietrechtlich dürfte der Fall daher unter diesen Voraussetzungen nicht zu beanstanden sein.

    (2) Der Vermieter wendet sich gegen die Ausübung der Prostitution eines Mieters

    Der Vermieter kann einem Mieter, der in der Mietwohnung die Prostitution ausübt, oder dies ermöglicht, in der Regel fristlos kündigen (nach vorheriger >>> Abmahnung) LG Lübeck, NJW-RR 93, 525. Noch weitergehend ist die Ansicht des AG Münster, Urteil vom 14. Juni 1995, Az: 6 C 547/94: Die Mieterin ist verpflichtet, dafür zu sorgen, dass nicht der Eindruck entsteht, sie gehe in der Wohnung der Prostitution nach. Der Vermieter hatte wegen „Verdachts“ der Ausübung der Prostitution fristlos gekündigt, konnte diesen Verdacht aber in letzter Konsequenz nicht beweisen. Dennoch bekam der Vermieter Recht, der begründete Verdacht genügte für eine fristlose Kündigung. Zu beachten: Dies ist die einzelne Meinung eines Amtsgerichts – andere Gerichte haben sich mit dieser Frage soweit ersichtlich nicht auseinander gesetzt. Fundstelle: WuM 1995, 538-539.

    Mietrecht 04- 2015 Mietrechtslexikon