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Die Rechte des Mieter bei Schimmel in der Wohnung

    Mietrecht: Schimmelpilzbefall der Wohnräume, Objekte

    Schimmelpilz und Feuchtigkeit in einer Mietwohnung stellen regelmäßig einen erheblichen Mietmangel dar. Der betroffene Mieter kann daher alle Gewährleistungansprüche des Mietrechts gegenüber dem Vermieter bei Auftreten von Schimmelpilz geltend machen.
    Siehe » Sachmangel.

    Diese Ansprüche, insbesondere aber auch das Recht die Miete zu mindern, entfallen aber, wenn der Mieter die Bildung von Feuchtigkeit und Schimmelpilz durch ein falsches Wohnverhalten (insbesondere unzureichendes Heizen und Lüften) selbst zu verantworten hat. (LG Lüneburg, Urteil vom 22. November 2000, Az: 6 S 70/00). In diesen Fällen ist der Mieter für Kosten einer Beseitigung des Schimmelpilzbefalls gegenüber dem Vermieter haftbar. (AG Neukölln, Urteil vom 23. Juli 2002, Az: 6 C 213/01).

    Hinweispflichten des Vermieters:

    Die herrschende Meinung (LG Aachen, Urteil vom 02.07.2015 – 2 S 327/14, AG Reinbek, Urteil vom 04.07.2014 – 15 C 77/14, BeckRS 2014, 17581; vgl. BGH, Urteil vom 18.04.2007 – VIII ZR 182/06, NJW 2007, 2177) nimmt an, dass der Vermieter den Mieter über etwaige Änderungen bei den Anforderungen an das Lüftungs- und Heizverhalten aufzuklären hat, so wenn es bereits zu einer Schimmelbildung kommen kann, wenn die Möbel zu dicht an der Wand stehen.

    Der Mieter einer durch Hochwasser schimmelpilzverseuchten Wohnung ist verpflichtet, Schaden von seiner eigenen Person (gesundheitliche Beeinträchtigungen) abzuwenden. Er kann verpflichtet sein, zumindest vorübergehend aus der Wohnung auszuziehen oder sich gar eine neue Wohnung zu suchen. Tut der Mieter dies nicht, so liegt ein (Mit-)Verschulden „gegen sich selbst“ vor, was zu einer Minderung der Schadensersatzansprüche des Mieters führt. (BGH Beschluss vom 22.11.2005 – VI ZR 330/04).

    Der Mieter trägt das Risiko eine Fehleinschätzung(!):

    Geht ein Mieter bspw. davon aus, dass Schimmel in seiner Wohnung auf einem Baumangel beruht, trägt er das Risiko für die Richtigkeit seiner Einschätzung, falls er deswegen die Miete mindert und weniger an der Vermieter überweist. Das hat der BGH jetzt mit Urteil v. 11. Juli 2012 bestätigt. Nur wenn die Einschätzung des Mieters richtig war, war die Minderung auch berechtigt, ansonsten entstehen Mietrückstände, die eine fristlose Kündigung und Räumungsklage des Vermieters rechtfertigen.

    Mieter die dieses Risiko vermeiden wollen, sollten – außer bei völlige eindeutigen Mängeln – in jedem Fall immer die Miete in voller Höhe überweisen, jedoch in Höhe eines der Minderung entsprechenden Teilbetrages einen Vorbehalt erklären. Das eröffnet dem Mieter die Möglichkeit, etwa zu viel bezahlte Meite jederzeit später zurück zu holen, falls sich dann herausstellt, dass die Minderung berechtigt war. Für den Mieter besteht dann das Risiko einer Räumung oder Kündigung nicht.

    Im Streitfall oft entscheidend – die Beweislast

    Die Frage, wer was in einem Streitfall beweisen muss, ist im Falle der Schimmelbildung kompliziert. Ist eine Partei in einem Rechtstreit zur Beweisführung verpflichtet, kann aber den Nachweis zur Überzeugung des Gerichts nicht erbringen, verliert sie den Prozess. Deswegen kommen den Beweismitteln in einem Rechtstreit vor Gericht große Bedeutung zu. Häufig gehen Prozesse nur deshalb verloren, weil Beweise nicht erbracht werden können.

    Es gelten regelmäßig folgende Regeln:

    Verlangt der Mieter Beseitigung des Schimmelbefalls (Mangelbehebung) oder Schaden-sersatz, so muss in aller Regel zunächst der Vermieter beweisen, dass die Ursache des Mangels nicht in seinem Gefahrenbereich liegt (insbesondere keine baulichen Mängel vorhanden sind).

    Liegt ein Baumangel vor, so wird ein ursächliches Verschulden des Vermieters zunächst vermutet. Dann tritt eine sogenannte Beweislastumkehr ein. Der Mieter muss sich nun nicht mehr entlasten, es wird wegen des Baumangels vermutet, dass der Schimmelbefall vom Vermieter verursacht wurde, allerdings kann sich der Vermieter entlasten, er kann einen Entlastungsbeweis führen.

    Steht umgekehrt fest, dass keine Baumängel vorhanden sind, muss sich der Mieter entlasten, indem er nachweist, dass kein falsches vertragswidriges Wohnverhalten vorliegt.

    In diesem Zusammenhang ist die Hinweispflicht des Vermieters bedeutsam (siehe dazu weiter oben).

    Weitere Details zu Fragen bezüglich der sogenannten Beweislast (wer muss was beweisen) siehe >>>>Beweislast.

    Fälle von Schimmelbefall sind häufig. Sowohl die Gerichte als auch die baubiologischen Sachverständigen verfügen daher über viel Erfahrung und weitreichende Kenntnisse. Häufig besteht bereits aufgrund des Schadensbildes ein Anschein dafür, dass falsches Wohnverhalten die Ursache ist. Vermieter behaupten gerne – ohne jede nähere Untersuchung – der Mieter sei schuld. Eine solche Behauptung ersetzt aber nicht den vom Vermieter zu führenden Nachweis der Verursachung durch den Mieter. Häufig sind auch beide, Mieter und Vermieter, „schuld“ an dem Schaden. Im typischen Fall liegt ein bislang unerkannter Baumangel ( siehe nachstehende Aufstellung) vor, durch zusätzliches ungünstiges Wohnverhalten fängt nun der Pilz an zu spriessen.
    In diesen Fällen der Mitverursachung durch die Mieter wird eine Art Schadensteilung vorgenommen on line casino kiwi, d.h. dem Mieter werden unter dem Gesichtpunkt der mitwirkenden Verursachung Teile des Schadens angerechnet. Häufig werden die Schäden dann 50% zu 50% zwischen den Parteien geteilt, da sich die einzelnen Verursachungsbeiträge nicht quotenmäßig gegeneinander abgrenzen lassen. Siehe hierzu ein Beispiel aus einem Gerichtsurteil >>> unten bei dem Stichwort Mietminderung Beispielfälle.

    Im Haus können Schimmelpilze an folgenden Stellen wachsen:

    Folgende Ursachen können Schimmelpilzwachstum im Haus begünstigen

    • an Kältebrücken
    • Kondensation von Luftfeuchte an kalten Flächen (z.B. Außenwänden, Kältebrücken)
    • an Außenecken
    • mangelnde Wärmedämmung der Wände, Decken, Dächer, Böden, Fenster
    • auf Erdgeschoßböden, wenn darunter unbeheizte Räume liegen
    • ungeeignete Raumlüftung
    • an Fensterstürzen und Rolladenkästen
    • fehlende Fenster (z.B. in Bädern)
    • auf Fliesenfugen
    • fehlende Lüftungsanlagen
    • hinter Schränken, die an kalten Wänden stehen
    • Wasserschäden durch undichte Zu- oder Ableitungen
    • in Speisekammern
    • Aufsteigende Feuchtigkeit aus dem Erdreich
    • in nicht beheizten Schlafzimmern
    • undichte Dächer
    • in Wand- oder Deckenhohlräumen
    • offene Biotonne
    • unter Estrichen
    • Kompostieranlagen in der Nähe
    • bei Wasserschäden überall
    • Kläranlagen in der Nähe
    • Futtersilos in der Nähe
    Quelle: Dipl.-Ing. Hansmartin Kirschmann – Schatzweg 3 – 70597 Stuttgart – Baubiologie ISBN – www.kirschmann.de

    Anforderungen an das Wohnverhalten des Mieters:

    Die Anforderungen an den Mieter hängen vom Mietobjekt ab (Alter, baulicher Zustand usw). Grundsätzlich muß der Mieter sein Verhalten darauf einstellen, wenn das Mietobjekt nicht dem heutigen technischen Standard entspricht. Unzumutbare Anstrengungen können von dem Mieter jedoch nicht verlangt werden. Er muss weder bauliche Maßnahmen vornehmen, noch ist es ihm zumutbar, mehrmals am Tag im Abstand von wenigen Stunden stoß zu lüften oder sämtliche Räume ständig mit einer Temperatur von mehr als 20 Grad zu beheizen. LG Lüneburg, Urteil vom 22. November 2000, Az: 6 S 70/00 WuM 2001, 465

    Dem Mieter stehen wegen Schimmelpilzbefall keine Ansprüche zu, wenn der Schimmelbefall im zeitlichen Zusammenhang mit einer (geänderten) Nutzung ( hier: des Badezimmers zum Wäschetrocknen ) aufgetreten ist. Vor diesem Hintergrund bestehen keine Anhaltspunkte für eine bauliche Ursächlichkeit, sondern es gibt eine hier vom insofern beweisbelasteten Mieter nicht ausreichend widerlegte Vermutung, daß die Ursache für den Schimmelbefall allein in seinem Bereich gesetzt worden ist. (AG Spandau, Urteil vom 6. November 2002, Az: 3b C 388/02)

    Naßräume, Badezimmer:
    Ein Mieter hat gegen den Vermieter keinen Anspruch auf Beseitigung von Schimmelpilz im Duschbereich, wenn sich die Schimmelbildung als Folge des besonderen Nutzungsverhaltens des Mieters darstellt, weil dieser nach dem Duschen die regelmäßig mit Spritzwasser benetzten Fliesen nicht trocken wischt. Die Beseitigung von Spritzwasser ist nicht überobligationsmäßig, sondern jedenfalls in innenliegenden Bädern von jedem Mieter zu erwarten. LG Berlin 61. Zivilkammer, Urteil vom 9. August 1999, Az: 61 S 510/98 Quelle: MM 1999, 394 siehe auch >>> Silikonfugen

    Neubauten:
    Eine besondere Situation ergibt sich in Neubauten aufgrund der in den ersten Jahren nach einem Erstbezug noch vorhandenen Baufeuchte, die Schimmelbefall begünstigt. Siehe dazu >>>Neubaufeuchte mit einem sehr anschaulichen Gerichtsfall.

    Die Mietminderung – Beispielfälle

    Bei undichten Fenstern in Wohn- und Schlafzimmer und dadurch verursachten Feuchtigkeitsschäden (Schimmel) ist eine Minderung von 20% angemessen. AG Schöneberg, Urteil vom 8. Oktober 1997, Az: 7 C 284/97 Quelle: Grundeigentum 1997, 1535

    Sind die Außenwände aller Zimmer, die Wände und die Decke im Bad durchfeuchtet und in der Küche Schimmelflecken vorhanden, so ist eine Minderung von mindestens 15 % gerechtfertigt.LG Berlin 64. Zivilkammer, Urteil vom 16. Februar 1999, Az: 64 S 356/98

    Schimmelbefall, der das Anstellen von Schränken an die Wände verhindert, in allen Räumen einer Neubauwohnung bei Erstbezug rechtfertigt eine 75%ige Mietminderung. LG Köln 9. Zivilkammer, Urteil vom 15. November 2000, Az: 9 S 25/00 Quelle: WuM 2001, 604-605

    Mitverursachung des Schadens durch den Mieter: Auszug aus dem Urteil:
    Das Recht der Mieter, die Miete zu mindern, folgt daraus, daß nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen… die unstreitige Schimmelpilzbildung in den Mieträumen zu 65% auf baulich bedingten Mängeln der Mietsache beruht: Die Stahlbetondecken im Außenwandlagerbereich sind wärme- und kondensatfeuchtebedingt nicht ausreichend ausgebildet, so daß es insbesondere im Außenwandbereich und an den dortigen Decken und Böden zu erhöhtem Wärmeverlust mit Kondensatbildung und in weiterer Folge Schimmelpilzbefall kommt. Durch diese Mängel ist der Wohnwert der Räume wesentlich beeinträchtigt, so dass eine deutliche Mietminderung gerechtfertigt ist. Bei der Quote der Mietminderung hat das erkennende Gericht sich davon leiten lassen, dass das Ausmaß der Schimmelpilzerscheinung insgesamt einen Minderwert des Mietobjekts von 20% darstellt. Da nach den Ausführungen des Sachverständigen die Mängelerscheinung jedoch bei geändertem und den Mietren zumutbarem Heiz- und Lüftungsverhalten zu anteiligen 35% vermeidbar wäre, mithin nur 65% baubedingt auf der konstruktiven Ausführung der Bausubstanz beruht und damit nur insoweit von der Klägerin zu vertreten ist, ergibt sich ein Prozentsatz von 65% von 20% = 13%, um den die Mieter den vertraglichen Mietzins mindern dürfen. (LG Bonn 6. Zivilkammer, Urteil vom 3. Dezember 1990, Az: 6 S 76/90)

    Schimmelbefall – großflächig: fristlose Kündigung durch Mieter gerechtfertigt

    Nach §§ 569 Abs. 1, 578 Abs. 2 Satz 2 BGB kann der Mieter einer Wohnung das Mietverhältnis fristlos kündigen, wenn die Nutzung der Mieträume z. B. wegen Feuchtigkeit und Schimmelbildung gesundheitsgefährdend ist. Das ist ganz herrschende Meinung in der Rechtsprechung: z.B. AG Köln, Urteil vom 19. März 2001, Az: 206 C 29/00 auch veröffentlicht in: WuM 2003, 55-57. Insbesondere großflächig auftretender Schimmelpilzbefall in einer Wohnung kann gesundheitsgefährdend sein. Daran zweifelt heute niemand mehr.
    Dem Vermieter steht aber ein Kündigungsrecht nicht zu. Den eigentliche Grund, warum das Gesetz dem Vermieter ein solches Kündigungsrecht verwehrt, sieht der BGH in seinem neuesten Urteil vom 17. 12. 2003 – XII ZR 308/00 darin, dass der für den Zustand der Mietsache verantwortliche Vermieter sich nicht durch Unterlassen der Mängelbeseitigung das Recht verschaffen darf, sich vom Vertrag zu lösen.

    Nicht jeder kleine Schimmelfleck rechtfertigt aber eine fristlose Kündigung : das LG Mainz, (Beschluß vom 14. November 1997, Az: 3 T 102/97) umschrieb die Sache wie folgt: Zwar ist es für eine Mieterkündigung eines Wohnraummietvertrages nach BGB § 569 nicht erforderlich, daß eine Erkrankung schon eingetreten ist. Eine bloße Anscheinsgefahr für eine gesundheitliche Beeinträchtigung des Mieters reicht aber für eine Kündigung nach BGB § 569 nicht aus.
    Die bloße Befürchtung des Mieters, stellenweise an den Wohnungsaußenwänden aufgetretener Schimmel könne Krankheiten aus dem allergischen Formenkreis auslösen, genügt demgemäß nicht für eine fristlose Kündigung nach BGB § 569. Zudem kann der Mieter eine fristlose Kündigung nach BGB § 569 dann, wenn der die Gesundheitsgefahr auslösende Umstand ohne weiteres leicht behebbar ist (hier: mögliche Sanierung der schimmelbefallenen Wandflächen), nur aussprechen, wenn er zuvor erfolglos eine Fristsetzung mit der Aufforderung zur Mängelbeseitigung ausgesprochen hat. Kommt der Vermieter dann seiner Verpflichtung zur Sanierung nicht nach, kann der Mieter dies auch selbst auf Kosten des Vermieters durchführen lassen. Details dazu siehe >>>Sachmangel.

    Ausschluss des Kündigungsrechtes

    Der Mieter steht ein Kündigungsrecht nicht zu, wenn er den gesundheitsgefährdenden Zustand selbst (zum Beispiel durch falsches Lüftungsverhalten) herbeigeführt hat. BGH Urteil vom 17. 12. 2003 – XII ZR 308/00

    Das Recht zum Einbehalt der Miete

    Mieter sind gemäß § 320 BGB berechtigt, den Mietzins zurückzuhalten, bis der Vermieter seinen Vermieterpflichten gem. § 535 BGB nachgekommen ist, und die festgestellten Mängel (im vorliegen Fall Schimmelpilzbefall) der Mietsache beseitigt hat. (LG Bonn 6. Zivilkammer, Urteil vom 3. Dezember 1990, Az: 6 S 76/90) Allerding ist der Mieter nicht zur ständigen Zurückhaltung des Mietzinses berechtigt, sondern nur bis zur Höhe des 3- bis 5fachen des zur Mängelbeseitigung erforderlichen Betrages. (LG Bonn a.a.O. unter Berufung auf BGH, 8. Juli 1982, VIII ZR 96/81, NJW 1982, 2492. ). Dieses Leistungsverweigerungsrecht besteht unabhängig und neben dem Recht auf Mietminderung. Es besteht auch nur solange wie der Vermieter den Mangel nicht beseitigt hat. Die Zahlungsverpflichtung des Mieters ist auch nicht aufgehoben, nach Beseitigung des Mangels muss der Mieter den gesamten zurückbehaltenen Betrag der (geminderten) Miete an den Vermieter unverzüglich nachbezahlen!

    Mietrecht 10 – 2015 Mietrechtslexikon