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Mietrecht: Formelle Anforderungen an die Betriebskostenabrechnung, Fälligkeit

    Fälligkeit der Nebenkosten- oder Betriebskostenabrechnung

    Wie muss die Betriebskostenabrechnung aussehen? Sind Belege beizufügen? Wann ist die Nachzahlung fällig?

    Formelle mietrechtliche Anforderungen an die Abrechnung

    Der BGH hat in einem Urteil vom 27.11.2002 die mietrechtlich an die Nebenkostenabrechnung zu stellenden Mindestanforderungen klar definiert:

    (1) Ein Anspruch des Vermieters gegen den Mieter auf Nachzahlung entstandener und von den Vorauszahlungen nicht gedeckter Betriebskosten ist nach dieser Entscheidung immer erst dann fällig, wenn der Vermieter eine ordnungsgemäße Abrechnung erstellt hat.

    (2) Die Rechnung muss eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthalten. Danach sind in die Abrechnung bei Gebäuden mit mehreren Wohneinheiten regelmäßig folgende Mindestangaben aufzunehmen: eine Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und Erläuterung der zugrunde liegenden Verteilerschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und der Abzug der tatsächlich auch geleisteten Vorauszahlungen des Mieters.
    (3) Ein durchschnittlich gebildeter, juristisch und betriebswirtschaftlich nicht geschulte Mieter muss überprüfen können, welche von ihm erbrachten Leistungen der Vermieter bei der Berechnung seiner Saldoforderung berücksichtigt hat. Ebenso: OLG Düsseldorf 24. Zivilsenat, Urteil vom 6. Mai 2003, Az: 24 U 99/02. Dies gilt auch für die Heizkostenabrechnung.

    (4) Eine Abrechnung, in der kein Hinweis auf gezahlte Vorauszahlungen enthalten ist, ist nur dann ordnungsgemäß, wenn zum Zeitpunkt der Erteilung der Abrechnung der Mieter für den Abrechnungszeitraum noch überhaupt keine Vorauszahlungen erbracht habe.

    Enthält die Nebenkostenabrechnung die 4 vorstehend genannten Mindestanforderungen, braucht der Vermieter den Einwand mangelnder Fälligkeit nicht zu befürchten.

    Die Zahlung des Mieters wird also erst nach Stellung einer ordnungsgemäßen Abrechnung überhaupt fällig.

    Beilage von Abrechnungsbelegen, Kopien, Kopierkosten

    Mieter von preisfreien Wohnraums haben grundsätzlich keinen Anspruch gegen den Vermieter auf Überlassung von Fotokopien der Abrechnungsbelege zur Betriebskostenabrechnung (BGH, Urteil vom 8. März 2006 . VIII ZR 78/05). Einen solchen Anspruch des Mieters sieht das Gesetz für den Bereich des preisfreien Wohnraumes nicht vor. Einer entsprechenden Anwendung des § 29 Abs. 2 Satz 1 der Neubaumietenverordnung, der für bestimmte preisgebundene Wohnraummietverhältnisse dem Mieter einen Anspruch auf Überlassung von Ablichtungen gegen Kostenerstattung einräumt, steht entgegen, dass eine dem Willen des Gesetzgebers zuwiderlaufende Regelungslücke des Gesetzes nicht vorliegt. Der Vermieter kann ein berechtigtes Interesse daran haben, den Mieter auf die Einsichtnahme in die Rechnungsbelege zu verweisen  die dessen Interesse an einer Überprüfung der Abrechnung in der Regel hinreichend Rechnung trägt , um den durch die Anfertigung von Fotokopien entstehenden zusätzlichen Aufwand zu vermeiden und dem Mieter mögliche Unklarheiten im Gespräch sofort zu erläutern. Hierdurch kann Fehlverständnissen der Abrechnung und zeitlichen Verzögerungen vorgebeugt werden – so die Ansicht des BGH.

    Damit wurde die mangels eindeutiger gesetzlicher Grundlage unter den Gerichten streitige Frage abschließend geklärt.

    Ausnahmen

    Ein Anspruch des Mieters auf Übermittlung von Fotokopien kommt nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) allerdings ausnahmsweise dann in Betracht, wenn ihm die Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen in den Räumen des Vermieters nicht zugemutet werden kann (BGH Urteil vom 8. März 2006 siehe vorstehend).

    Wohnt der Vermieter im gleichen Haus, in der Nachbarschaft oder im gleichen Ort (Stadt) ist es dem Mieter zumutbar, sich zum Vermieter zu begeben, um die Belege dort einsehen zu können, die Anfertigung und Übersendung von Belegen kann dann nicht verlangt werden. Die (persönliche) Einsicht in die Orginalbelege kann dem Mieter in jedem Fall nicht verwehrt werden, hierauf besteht ein gesetzlicher Anspruch (§ 259 BGB siehe weiter unten). Müsste der Mieter jedoch bspw. zu einer in einem anderen Ort ansässige Hausverwaltung fahren, um dort die Belege einsehen zu können, so ist dies in aller Regel unzumutbar. Der Mieter hat in diesen Fällen Anspruch auf Übersendung von Kopien gegen entsprechende Erstattung der Kosten.

    Zurückbehaltungsrecht des Mieters

    Zwar gehört die Vorlage von Abrechnungsbelegen nicht zur formellen Ordnungsmäßigkeit einer Nebenkostenabrechnung. Dem Mieter steht jedoch ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB zu, solange der Vermieter (oder Verwalter) einem Verlangen des Mieters auf Belegeinsicht bzw. auf Überlassung von Belegkopien nicht oder nicht vollständig nachgekommen ist mit der Folge, dass solange auch der Saldo aus der entsprechenden Nebenkostenabrechnung nicht fällig wird (vgl. nur Sternel, Mietrecht aktuell, 3. Auflage, Rd.-Nr. 809 mit Rechtsprechungsnachweisen). AG Diez, Urteil vom 26. September 2001, Az: 8 C 210/01 AG Dinslaken, Urteil vom 8. Mai 2001, Az: 33 C 177/00; AG Siegburg, Urteil vom 17. Mai 1991, Az: 9 C 549/90

    Dem Mieter steht bezüglich einer geforderten Nachzahlung auf die Betriebskostenabrechnung ein Zurückbehaltungsrecht zu, wenn der Vermieter die Übersendung von Rechnungskopien von einem nicht nur gering überhöhten Kostenvorschuss abhängig gemacht hat (hier: 0,50 Euro).
    Für die Herstellung von Kopien sind Kosten von 0,26 Euro pro Seite in der Regel ausreichend und angemessen. AG Aachen WM 2004/611, AG Berlin-Mitte, Urteil vom 21. März 2003, Az: 18 C 241/02 Quelle: MM 2003, 383-384

    Daneben hat der Mieter den gesetzlichen Anspruch, auch in die Orginalbelege Einsicht zu nehmen, insbesondere wenn hinsichtlich der Richtigkeit der Abrechnung Zweifel bestehen.

    Wichtig: Nimmt der Mieter das Angebot des Vermieters auf Übersendung der Abrechnungs-belege zur Betriebskostenabrechnung gegen angemessene Kostenerstattung nicht wahr, ist er zu behandeln, als habe er Einsicht in die Kostenbelege gehabt (AG Aachen, Urteil v. 10.8.2004 WM 2004 611).

    Kostennachweis: Den Vermieter trifft die Beweislast für die Verbrauchswerte, die er seiner Nebenkostenabrechnung zu Grunde legt. LG Potsdam 11. Zivilkammer, Urteil vom 26. September 2002, Az: 11 S 81/01.

    Wichtig: Nimmt der Mieter das Angebot des Vermieters auf Übersendung der Abrechnungsbelege zur Betriebskostenabrechnung gegen angemessene Kostenerstattung (0,26 € pro Kopie) nicht wahr, ist der Mieter so zu behandeln, als habe er Einsicht in die Kostenbelege gehabt (AG Aachen, Quelle WM 2004, 611).

    § 259 BGB : Umfang der Rechenschaftspflicht

    (1) Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen.
    (2) Besteht Grund zu der Annahme, dass die in der Rechnung enthaltenen Angaben über die Einnahmen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden sind, so hat der Verpflichtete auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen die Einnahmen so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei.
    (3) In Angelegenheiten von geringer Bedeutung besteht eine Verpflichtung zur Abgabe der
    eidesstattlichen Versicherung nicht.

    Fehlerhafte Abrechnung (Bestreiten des Mieters)

    Grundsätzlich kann der Mieter die Richtigkeit einer den formellen Anforderungen entsprechenden Betriebskostenabrechnung nur bestreiten, wenn er bei einer Einsicht in die ihr zugrunde liegenden Rechnungen Fehler festgestellt hat. Der Mieter kann also nicht die Richtigkeit bestreiten, nur weil er nicht zahlen will bzw. zahlen kann. LG Berlin, Urteil vom 18. November 2002, Az: 67 S 147/02. Quelle: Grundeigentum 2003, 253-254. Pauschales Bestreiten ist gegenüber der Betribeskostenabrechnung in jedem Fall unzureichend (AG Aachen, Urteil v. 13.8.04 WM 2004, 611).

    Enthält die Betriebskostenabrechnung Fehler, so ist der Mieter verpflichtet, seinen Einwendungen innerhalb einer Frist von 12 Monaten ab Zugang der Betriebs-kostenabrechnung dem Vermieter mitzuteilen § 556 Abs 3 BGB). Nach Ablauf der Frist hat der Mieter dieses Recht nicht mehr. Die Betriebskostenabrehnung wird spätestens dann in voller Höhe fällig.

    Hat der Vermieter eine Betriebskostenabrechnung vorgelegt, besteht ein Zurückbehaltungsrecht an den laufenden Vorschüssen nicht mehr, auch wenn die Abrechnung fehlerhaft ist. LG Berlin 62. Zivilkammer, Urteil vom 12. April 1999, Az: 62 S 320/98 Quelle: Grundeigentum 1999, 1286

    Selbst wenn eine ordnungsgemäße Betriebskostenabrechnung nicht erteilt ist, darf der Mieter kein höheres Zurückbehaltungsrecht geltend machen als in Höhe der Summe der für den brechnungszeitraum gezahlten Betriebskostenvorschüsse. KG Berlin, Urteil vom 15. Oktober 2001, Az: 8 U 2549/00 Quelle: Grundeigentum 2002, 129

    Fälligkeit

    Der Mieter ist nicht dazu verpflichtet, die Nachforderung aus der Betriebskostenabrechnung ohne vorherige Prüfung der Abrechnung durch einen Mieterverein oder einen Rechtsanwalt zu bezahlen. Zur Prüfung steht dem Mieter ein Monat Zeit zu. (AG Gelsenkirchen-Buer WM 94, 549). Der Mieter darf jedoch die Abrechnung auch nicht ohne Grund bestreiten, nur um die Fälligkeit hinauszuzögern (Urteil des LG Berlin siehe oben)

    Ist die Abrechnung nicht ordnungsgemäß oder sind trotz Anforderung keine Belege beigefügt, ist sie nicht fällig (siehe die Urteile dazu oben). Enthält die Abrechnung Fehler, die vom Mieter gegenüber dem Vermieter gerügt wurden, so steht dem Mieter insoweit ein Zurückbehaltungsrecht gem § 273 BGB in angemessener Höhe zu. Beträgt die Nachforderung zum Beispiel 500 €, wobei davon nur ein Betrag von 50 € streitig ist, so kann der Mieter höchsten den doppelten Betrag (also 100 €) zurückbehalten. Solange das Mietverhältnis noch besteht ist es aber in der Regel empfehlenswerter, die Abrechnung in voller Höhe unter Vorbehalt der Rückforderung erst einmal zu bezahlen.

    Mietrecht 03- 2016 Mietrechtslexikon