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Mietrecht: Hochwasserschäden an Mietwohnungen

    Mietrecht: Naturkatastrophen, Hochwasser, Unwetterschäden

    Naturkatastrophen:
    Im Mietrecht haftet der Vermieter dem Mieter gem §§ 535, 536 BGB, auch wenn ihn kein Verschulden trifft (Garantiehaftung). Er muss Schäden des Mieters ersetzen, die auf bereits bei dem Abschluß des Mietvertrages vorhandene Fehler zurückzuführen ist. Der Begriff des Fehlers darf aber nicht ins Uferlose ausgeweitet werden (BGH NJW 1971, 424). Eine sich aus der Lage des Hauses ergebende, aber nur unter außergewöhnlichen Umständen wirksam werdende Gefahrenquelle stellt daher keinen Mangel der Mietsache dar (BGH NJW 1971, 424), sofern sie bei Vertragsschluß nicht vorhersehbar war. Damit ist eine Haftung des Vermieters für durch Naturkatastrophen entstandene Schäden ausgeschlossen.

    Zu beachten: Die Lage in einem hochwassergefährdenden Gebiet kann einen Mangel der Mietsache darstellen und zu einer Haftung des Vermieters führen ( OLG Hamburg OLGRspr. 38,90). Auch in einem Gebiet in dem sich nur ganz selten Überschwemmungen ereignen kann ein Mangel der Mietsache vorliegen, und zwar dann, wenn es der Vermieter nach einem ersten Hochwasser unterläßt, Schutzmaßnahmen gegen das erneute Eindringen von Wasser zu treffen.

    Bei einer völligen Zerstörung des Gebäudes durch eine Naturkatastrophe ist der Vermieter nicht zum Wiederaufbau verpflichtet. Im übrigen ist der Vermieter jedoch verpflichtet, die Schäden umgehend zu beheben (Trockenlegen, Sanieren). Ferner ist der Vermieter verpflichtet (soweit technisch möglich) geeignte Maßnahmen dagegen zu ergreifen, dass zukünftige Schäden verhindert werden. Solange der Mieter das Objekt nicht benutzen kann, ist er nicht zu einer Mietzaqhlung verpflichtet.

    Vertragskündigung: Nach der Jahrhundertflut im August 2002 in Grimma hat der Mieter von Gewerberäumen, die bei „normaler Hochwasserlage“ ungefährdet sind, ein Recht auf Mietminderung in Höhe von 100%. Ist für den Mieter nicht ersichtlich, in welchem Zeitraum die Nutzbarkeit der Gewerberäume in vollem Umfang wieder hergestellt werden kann, so steht ihm, auch unter dem Gesichtspunkt der Gesundheitsgefährdung, ein Recht zur fristlosen Kündigung zu.
    AG Grimma, Urteil vom 22. Januar 2003, Az: 2 C 0983/02, 2 C 983/02 Quelle: NZM 2003, 196-197.

    Haftungsausschluss: In aller Regel ist diese Haftung des Vermieters aber im Mietvertrag durch eine entsprechende Vertragsklausel ausgeschlossen.

    Siehe » Haftungsausschluss. Solche Klauseln sind rechtlich zulässig, in Einzelfällen aber häufig wegen unangemessener Benachteiligung der Wohnungsmieter unwirksam. Ansprüche des Mieters sind auch dann ausgeschlossen, wenn der Mieter Kenntnis vom Mangel hat (§ 536 b BGB).

    Beispiel einer unwirsamen Klausel: Urteil des AG Saarburg vom 9. Januar 2002, Az: 5 C 306/01:
    (Das Gericht verurteilte daraufhin den Vermieter zur Zahlung von Schadensersatz für Gegenstände des Mieters, die im Keller abgestellt waren und dort beschädigt wurden)

    Im Mietvertrag stand folgende Klausel:

    „§ 14 bestimmt: Schadensersatzansprüche des Mieters wegen anfänglicher oder nachträglicher Mängel der Mietsache sind ausgeschlossen, es sei denn, dass der Vermieter Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zu vertreten hat. Auch im übrigen haftet der Vermieter nur für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit, einschließlich des Verhaltens seines Vertreters oder Erfüllungsgehilfen. Hiervon unberührt bleiben die Erfüllungsansprüche des Mieters sowie sein gesetzliches Recht zur fristlosen Kündigung.“

    Haftung wegen fehlender Sicherungsmaßnahmen (Hochwasser)

    Liegt ein Abwassereinlauf im Fußboden eines Mietraums unterhalb der Rückstauebene, so ist das Fehlen einer Rückstausicherung dann ein Fehler der Mietsache iS von BGB § 537, wenn der Einbau einer Rückstausicherung bei Errichtung des Mietobjekts oder einem grundlegenden Umbau dem Stand der Technik entsprach. Das gilt auch, wenn nur seltene, im statistischen Durchschnitt alle 50 Jahre vorkommende Unwetter zu einer Überflutung des Mietobjektes führen können. OLG Hamm 7. Zivilsenat, Urteil vom 1. Dezember 1987, Az: 7 U 67/87 Quelle: NJW-RR 1988, 529-530

    Liegt eine Kellerwohnung unterhalb der Rückstauebene (Straßenoberkante) und ist eine Vorrichtung zur Sicherung gegen einen Rückstau in der Kanalisation nicht angebracht, so trifft den Vermieter die Garantiehaftung nach BGB § 538 Abs 1 Alt 1, wenn bei einem Unwetter infolge eines solchen Rückstaus die Kellerwohnung überflutet wird und die eingebrachten Sachen des Mieters beschädigt werden. LG Kassel, Urteil vom 8. November 1979, Az: 1S 229/79; WuM 1980, 235-235

    Regelmäßiges Hochwasser als Mangel

    Es stellt einen Fehler der Mietsache dar, wenn es in den Monaten Dezember bis Januar regelmäßig zu Hochwasserständen kommt und Wasser in den zu der gemieteten Wohnung gehörenden Kellerraum eindringt. Dies führt zu einer sich über das ganze Jahr erstreckenden Mietzinsminderung, da nicht erwartet werden kann, daß der Mieter zweimal im Jahr seinen Keller aus- bzw umräumt.
    LG Kassel 1. Zivilkammer, Urteil vom 13. Juni 1996, Az: 1 S 128/96 NJW-RR 1996, 1355.

    Sturmschäden

    Pflanzt oder unterhält der Eigentümer auf seinem Grundstück einen Baum und stürzt dieser infolge eines ungewöhnlich heftigen Sturms auf das Nachbargrundstück, so kann der Eigentümer nicht verantwortlich gemacht werden, wenn der Baum gegenüber normalen Einwirkungen der Naturkräfte hinreichend widerstandsfähig gewesen ist. BGH 5. Zivilsenat, Urteil vom 23. April 1993, Az: V ZR 250/92. Gleiches gilt für alle Bauteile auf einem Grundstück (Dachziegel, Vordächer, Baugerüste), sofern diese gegenüber den normalen Einwirkungen der Naturkräfte ausreichend gesichert sind. In dem vom BGH entschiedenen Fall stürzten während eines ungewöhnlich starken Unwetters („Wiebke“) am 26. Februar 1990 bei Sturmböen mit Windstärken neun bis zehn zahlreiche – auch gesunde – Bäume um. Bei solchen Unwettern gibt es keinen Verursacher oder Störer, der in Anspruch genommen werden könnte. Jeder Betroffene muss sein Grundstück und Gebäude selbst aufräumen, reinigen und reparieren. Ersatz kann er nur von einer bestehenden Elementarschadensversicherung verlangen. Das gilt auch für Einrichtungsgegenstände des Mieters, die durch ein Unwetter beschädigt werden.

    Zu beachten: Baugerüste und Anbauteile usw. müssen aber in jedem Fall einem stärkeren Unwetter standhalten. Ansonsten tritt die Haftung des Verantwortlichen wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht ein.

    Zu beachten: Hat der Mieter vergessen, die Fenster der Wohnung zu schließen, und kommt es deswegen infolge eines Orkans zu Glasbruch, sind die Reparaturkosten des Mieters keine notwendigen Verwendungen auf die Mietsache, der Mieter muss den Schaden vielmehr wegen Verletzung seiner Obhutspflicht dem Vermieter in voller Höhe ersetzen und ist daran gehindert mietrechlichen Ansprüche geltend zu machen (z.B. Mietminderung). LG Augsburg 7. Zivilkammer, Urteil vom 4. November 1998, Az: 7 S 278/98

    Mietrecht 03 – 2014 Mietrechtslexikon