Zum Inhalt springen

Mietrechtliche Aspekte bei Wohngemeinschaften

    Mietrecht: die Wohngemeinschaft

    Eine Wohngemeinschaft setzt voraus, dass ihr mindestens drei Personen, die in lockerer Verbindung zueinander stehen, angehören, nicht jedoch eine lediglich aus zwei Personen bestehende Mietergemeinschaft. In diesem Fall ist für den Vermieter nämlich nicht ersichtlich, in welcher Beziehung die Mieter zueinander stehen, ob es sich lediglich um einen Zusammenschluss zweier Personen zum Zwecke des gemeinsamen Wohnens handelt, wie es für eine Wohngemeinschaft typisch ist, oder ob darüber hinausgehende Zwecke verfolgt werden. LG Köln 1. Zivilkammer, Urteil vom 20. Juni 1991, Az: 1 S 28/91; NJW-RR 1991, 1414.

    Rechtliche Einordnung der WG, Haftung

    Im Innenverhältnis (zwischen den einzelnen Mieter untereinander) ist eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts anzunehmen. Für die Haftung bedeutet dies, dass jedes einzelne Mitglied der WG dem Vermieter gegenüber voll persönlich haftet, und zwar nicht nur für den Mietzins und die Nebenkosten sondern auch für Schönheitsreparturen (sofern auszuführen) oder Schäden gemäß §§ 421, 427 BGB . Jeder einzelne Mitmieter haftet also gegenüber dem Vermieter z. B. für einen durch eine defekte Waschmaschine entstandenen Schaden, wenn die Maschine von allen Mitmietern genutzt wird. Der Mieter haftet aus positiver Vertragsverletzung, wenn er eine in der Wohnung in Betrieb genommene ältere Waschmaschine über längere Zeit unbeaufsichtigt läßt und die Maschine während der Zeit seiner Abwesenheit einen Brandschaden auslöst. So entschieden vom OLG Celle 2. Zivilsenat, Urteil vom 18. Februar 1998, Az: 2 U 29/97 . Die Haftung kann nur durch einen entsprechende Vereinbarung mit dem Vermieter beschränkt werden, eine Vereinbarung zwischen den Mitmietern hat gegenüber dem Vermieter keine mietrechtliche Bedeutung.
    Hat ein Mitglied der WG die rückständige Miete für ein anderes Mitglied der WG bezahlt oder einen Schaden ersetzt, so hat es gegenüber den anderen Mitglieder zwar einen Ausgleichsanspruch aus § 426 BGB, der aber häufig mangels Zahlungsvermögens nicht realisiert werden kann. Eine umfassende vertragliche Regelung ist dringend zu empfehlen. Als absolutes vertragliches Minimum sollte die WG einen Vertreter bestimmen, der die WG nach außen und gegenüber dem Vermieter vertritt (schriftliche Vollmacht) ferner sollte die WG ein gemeinsames „Mietkonto“ einrichten, auf das jedes Mitglied die monatlichen Mietanteile und Nebenkosten bezahlt – der Vertreter der WG leitet die Gesamtmiete dann an den Vermieter weiter. Zu weiteren Einzelheiten gibt es spezielle Literatur im Handel.

    Der Auszug aus der WG – die Kündigung

    Die Mitglieder der WG können nicht untereinander die Wohnung kündigen. Der aus einer WG ausscheidende Mitmieter darf aus der WG nur mit Zustimmung aller übrigen Mitglieder der WG und des Vermieters ausziehen. Verläßt er die WG einfach ohne zu kündigen bzw die Zustimmung einzuholen, so haftet er weiterhin voll für alle Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis. Nach Ansicht des LG Hamburg (Urteil vom 10. August 1995, Az: 334 S 38/95; NJW-RR 1996, 842) besteht auf Mieterseite auch ohne eine ausdrückliche Regelung in dem Vertrag das Recht, dass ein Mitglied ausscheidet und ein neues Mitglied in den Vertrag eintritt, wobei der Vermieter berechtigt ist, dem Eintritt eines neuen Mieters zu widersprechen, wenn dieser für ihn nicht zumutbar ist. Diese Rechtsansicht ist aber keinesfalls als „allgemeinverbindlich“ anzusehen, es handelt sich um die einzelne Meinung eines Gerichts. Will der Vermieter seinerseits kündigen, so muss er die Kündigung jedem einzelnen Mitglied der WG gegenüber schriftlich erklären und die Erklärung muss jeweils dem Adressaten zugehen. Dies ist die Rechtslage, wenn keine Vereinbarung der WG untereinander und keine Zusatzvereinbarung mit dem Vermieter zu einem Mietvertrag besteht, die insoweit Regelungen vorsieht.

    Mieteraustausch innerhalb einer Wohngemeinschaft

    Grundsätzlich gilt: auch wenn eine Wohngemeinschaft Vertragspartner des Vermieters ist, stellt der Austausch von einem oder mehreren Mietern gegen einen anderen Mieter eine Vertragsänderung dar, die der Zustimmung des Vermieters bedarf. LG Berlin 64. Zivilkammer, Urteil vom 31. März 1992, Az: 64 S 269/91. Es besteht für den Vermieter kein Kontrahierungszwang, so dass er nicht verpflichtet ist, für den Fall, dass einer von mehreren Mietern ausgewechselt werden soll, seine Zustimmung zu erteilen. LG Köln 1. Zivilkammer, Urteil vom 20. Juni 1991, Az: 1 S 28/91).
    Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Mieteraustausch im Mietvertrag vorgesehen ist, was in jedem Fall zu dringend zu empfehlen ist.

    Studentische Wohngemeinschaften

    Sofern es sich um eine studentische WG handelt, und der Vermieter dies wußte (in Uni-Städten wird er kaum behaupten können, er habe dies nicht gewußt) ist die Rechtsprechung zwar nicht von dem Grundsatz abgewichen, dass der Mieterwechsel der Zustimmung des Vermieters bedarf. Jedoch hält die Rechtsprechung in der Regel (siehe nachstehende Urteile) den Vermieter für verpflichtet, die Zustimmung zum Mieterwechsel problemlos zu erteilen. Bei der „unechten“ WG, bei der ein Mieter der Hauptmieter ist, die anderen Untermieter sind, sieht die Rechtsprechung den Vermieter in der Regel als dazu verpflichtet an, einer Untervermietung zuzustimmen. Auch bei einer studentischen WG darf aber niemals darauf verzichtet werden, die Zustimmung oder Einwilligung bei einem Mieterwechsel vom Vermieter einzuholen. Wenn der Vermieter die Zustimmung verweigert, dann muss notfall ein gerichtliches Verfahren angestrengt werden.

    Urteile

    LG Göttingen 5. Zivilkammer, Urteil vom 11. November 1992, Az: 5 S 123/92

    1. Anders als bei der Vermietung an eine Person oder an eine Lebensgemeinschaft ist bei einem Mietvertrag mit einer studentischen Wohngemeinschaft von vornherein die Möglichkeit des Wechsels der Vertragspartner vereinbart.
    2. Die studentische Wohngemeinschaft ist ihrer Art nach auf eine gewisse Fluktuation angelegt. Für den Vermieter ist bei Vertragsschluß offensichtlich, daß die einzelnen Mieter nur über einen gewissen Zeitraum und jeweils unterschiedlich an der Wohnung interessiert sein werden, da in der Regel mit einem Ortswechsel verbundene Studienplatzwechsel bzw der Eintritt in das Berufsleben und dadurch bedingte Veränderungen der Lebensverhältnisse anstehen, so daß die Notwendigkeit des Austauschs der Mieter entsteht. Der Vermieter erklärt sich daher bei Vertragsschluß mit dem Austausch der Mieter einverstanden (Anschluß LG Karlsruhe, 25. Januar 1985, 9 S 580/83, NJW 1985, 1561).

    3. Der Vermieter kann einen beabsichtigten Mieterwechsel auch nicht mit der Begründung ablehnen, das neue Mitglied der Wohngemeinschaft sei zur Zahlung des auf ihn entfallenden Mietanteils finanziell nicht in der Lage, denn die Mitglieder der Wohngemeinschaft haften für den Mietzins als Gesamtschuldner.

    LG Heidelberg 5. Zivilkammer, Urteil vom 22. Oktober 1999, Az: 5 S 143/99

    Hat ein Vermieter eine Wohnung von Anfang an eine Wohngemeinschaft vermietet, die ursprünglich aus zwei Mietern bestand, und diesen das Recht eingeräumt, noch einen Dritten in die Wohngemeinschaft aufzunehmen, bleibt er an die damit verbundene Beschränkung seines Eigentums durch Vermietung an eine Wohngemeinschaft mit wechselndem Bestand gebunden. Dann entspricht es dem Vertragsinhalt, daß Mitglieder der Wohngemeinschaft ihre Entlassung aus dem Vertrag von dem Vermieter verlangen können und weiter, daß von der Wohngemeinschaft benannte zumutbare Personen an ihre Stelle als neue Mieter in das Vertragsverhältnis aufzunehmen sind. Ziehen alle Mitglieder einer Wohngemeinschaft bis auf eine Person aus, so hat diese gegen den Vermieter einen Anspruch auf Zustimmung zur Begründung einer neuen Wohngemeinschaft oder auf Zustimmung zur Untervermietung. Quelle: WuM 2001, 358-359

    LG Hannover, Beschluß vom 21. Dezember 1977, Az: 11 S 382/77

    Ist bei der Vermietung einer Wohnung an eine studentische Wohngemeinschaft im Mietvertrag der Austausch von einzelnen Mitmietern vorgesehen, so kann die vertraglich notwendige Zustimmung des Vermieters nicht willkürlich verweigert werden, sondern nur bei Vorliegen sachlicher, in der Person des Nachfolgers liegender Gründe. WuM 1978, 165-166

    Bei der Zustimmung zur Untermiete durch den Vermieter hängt es jeweils vom Einzelfall ab, ob ein berechtigtes Interesse des Mieter angenommen werden, das dazu führt, dass der Vermieter die Zustimmung nicht verweigern kann. BGH 8. Zivilsenat, Rechtsentscheid in Mietsachen vom 3. Oktober 1984, Az: VIII ARZ 2/84

    LG Berlin, Beschluß vom 13. August 1990, Az: 62 T 95/90

    Bei der Anmietung des Objektes sollte der Mieter aber nicht verschweigen, dass er die Absicht hat eine weitere Person in die Wohnung aufzunehmen.Sofern der Verdacht naheliegt (z.B. bei einem engen zeitlichen Zusammenhang) , der Mieter habe den erkannten oder erwarteten Widerstand des Vermieters gegen die anfängliche Vermietung an eine Wohngemeinschaft zu umgehen versucht, kann der Vermieter nicht verpflichtet werden der Untervermietung zuzustimmen

    LG Köln 1. Zivilkammer, Urteil vom 20. Juni 1991, Az: 1 S 28/91

    Eine Mietergemeinschaft/Wohngemeinschaft als Vertragspartner des Vermieters bedingt keine Verpflichtung des Vermieters, einem Wechsel der Gemeinschafter vertragsändernd zuzustimmen. Die Mieter sind aber zur Untervermietung an Dritte bei Auszug eines Wohngemeinschafters berechtigt.

    Mietrecht 03 – 2012 Mietrechtslexikon