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Mietrecht: Das Recht auf Herabsetzung der Miete (Mietminderung)

    Mietminderung

    Vermieter können aufgrund eines entsprechenden gesetzlichen Verbots bei Wohnraummiet-verhältnissen generell das Minderungsrecht der Mieter bei Mängeln (vgl § 536 Abs. 4 BGB) nicht einschränken.

    Anders verhält es sich bei Mietverträgen über gewerblich genutze Räume. In Mietverträgen über gewerbliche Räume darf das Minderungsrecht des Mieters zulässigerweise eingeschränkt werden. Gebräuchlich ist etwa die folgende Vertragsklausel: “ Eine Minderung ist ausgeschlossen, wenn durch Umstände, die der Vermieter nicht zu vertreten hat (z. B. Verkehrsumleitung, Straßensperrungen, Aufgrabungen usw.) die gewerbliche Nutzung der Räume beeinträchtigt wird. „Das Minderungsrecht kann jedoch niemals vollständig oder, genauer gesagt, endgültig ausgeschlossen werden. Eine Regelung etwa, die auch die bereicherungsrechtliche Rückforderung der klauselbedingt zunächst ungemindert gezahlzen Miete ausschließt, wäre mit § 307 BGB nicht mehr vereinbar.“ (LG Hamburg, Urteil v. 16.06.2004 – 311 O 291/03 – mit vielen weiteren Nachweisen auf Rechtsprechung und Literatur. WM 2004/601).

    Der mietrechtliche Grundsatz zur Mietminderung

    Das Mietrecht gibt jedem Mieter das Recht, wegen eines entsprechenden Mangels an der Wohnung die Miete zu mindern. Das Recht auf Mietminderung kann vertraglich nicht ausgeschlossen werden. Bei dem Recht, die Miete zu mindern handelt es sich um eine kraft Gesetzes eintretende Änderung der Vertragspflicht ( § 536 BGB). Solange Mängel der Wohnung bestehen, sind die Mieter nicht dazu verpflichtet, den vollen vereinbarten Mietzins zu entrichten. Sie bleiben jedoch – bis auf die Fälle einer völligen Unbewohnbarkeit – verpflichtet, eine herabgesetze Miete zu entrichten. Dies nennt man „Mietminderung“.

    Auch eine zu kleine Wohnfläche – im Vergleich zu den Angaben im Mietvertrag – berechtigt unter Umständen zu einer entsprechenden Mietminderung. Details dazu siehe >>> Wohnfläche

    Zur genauen Definition des Mangelbegriffs im Mietrecht siehe >>> Sachmangel

    Nicht jede „Kleinigkeit“ berechtigt jedoch zu einer Mietminderung. Es muss sich um einen Mangel handeln, der die Tauglichkeit ( oder den Gebrauchswert) der Mietsache erheblich mindert. (siehe nachstehende Liste).

    Folgende Mängel sind (im Einzelfall) unerheblich und berechtigen nicht zur Mietminderung: LG Berlin 63. Zivilkammer, Urteil vom 15. März 2002, Az: 63 S 54/00 Quelle: MM 2002, 225-227 a) schadhafte Stufen im Hausflur,
    b) fehlender Kokosläufer im Treppenhaus,
    c) teilweise abgeplatzte Farbe im Treppenhaus,
    d) fehlendes Schloß am Müllplatz,
    e) glatte Hauseingangsstufe bei Frost,
    f) klemmendes Haustürschloß,
    g) Ausfall der Hausnummernbeleuchtung,
    h) Regenwasserpfützen im Kellergang.

    Kleine Mängel, die sich nicht auf die Nutzung auswirken, bleiben also außer Betracht. Beispiel: Eine fehlende oder defekte Beleuchtung im Keller des Mieters, sofern zumindest noch eine geringe Belichtung durch Tageslicht erfolgt.
    Einzelfälle müssen beim jeweiligen Schlagwort nachgeschlagen werden. Z.B. „Schimmel“ wenn in der Wohnung Schimmel aufgetreten ist.

    Fehleinschätzungen – Mietminderung zu hoch – Folgen

    Ist die Herabsetzung der Miete zu hoch d.h. im Verhältnis zu den aufgetretenen Mängeln zu hoch oder hat der Mieter den Mangel selbst verursacht (z.B. Schimmelbefall durch falsche Lüftung), so gerät der Mieter – sofern der Vermieter der Minderung widerspricht, und zur Zahlung auffordert, in Höhe des unberechtigt geminderten Betrages in Verzug.

    Der Mieter trägt das Risiko eine Fehleinschätzung(BGH-Urteil !).

    Geht ein Mieter bspw. davon aus, dass Schimmel in seiner Wohnung auf einem Baumangel beruht, trägt er das Risiko für die Richtigkeit seiner Einschätzung, falls er deswegen die Miete mindert und weniger an der Vermieter überweist. Das hat der BGH jetzt mit Urteil v. 11. Juli 2012 bestätigt. Nur wenn die Einschätzung des Mieters richtig war, war die Minderung auch berechtigt, ansonsten entstehen Mietrückstände, die eine fristlose Kündigung und Räumungsklage des Vermieters rechtfertigen.

    Mieter die dieses Risiko vermeiden wollen, sollten – außer bei völlige eindeutigen Mängeln – in jedem Fall immer die Miete in voller Höhe überweisen, jedoch in Höhe eines der Minderung entsprechenden Teilbetrages einen Vorbehalt erklären. Das eröffnet dem Mieter die Möglichkeit, etwa zu viel bezahlte Meite jederzeit später zurück zu holen, falls sich dann herausstellt, dass die Minderung berechtigt war. Für den Mieter besteht dann das Risiko einer Räumung oder Kündigung nicht.

    Berechnungsbasis Bruttokaltmiete, sonstiges

    Bemessungsgrundlage:
    Bemessungsgrundlage der Minderung nach § 536 BGB ist die Bruttomiete (Mietzins einschließlich aller Nebenkosten). Dabei ist unerheblich, ob die Nebenkosten als Pauschale oder Vorauszahlung geschuldet werden (BGH, Urteil vom 6. 4. 2005 – XII ZR 225/03).

    Beweislast für Mängel:
    Liegt ein Mangel vor, so muss im Zweifelsfall der Vermieter beweisen, dass dieser Mangel vom Mieter selbst zu vertreten ist, also von im verursacht wurde. Im Einzelfall ist die Beurteilung der oft für den Ausgang des Prozesses entscheidenden Fragen zur Beweislast häufig schwierig und differenziert zu betrachten. Bitte die entsprechenden Einzelfälle nachschlagen – oder bei der Redaktion gratis anfragen.

    Höhe der Minderung, Dauer:
    Die Höhe der Minderung ist abhängig von dem konkreten Mangel im Einzelfall, siehe dazu die Gerichtsurteile „Mietminderung (Tabelle)“. Die Miete kann dabei nur solange gemindert werden, bis der Vermieter den entsprechenden Mangel behoben hat. Ferner ist es entsprechend zu berücksichtigen, wenn der Mangel nur zu bestimmten Zeiten ins Gewicht fällt (z.B. Baustellenlärm – nach Feierabend und an den Wochenden ist Ruhe).

    „Selbsthilfe“ des Mieters:
    Es besteht keine Verpflichtung für den Mieter einen Mangel selbst zu beheben oder durch Handwerker beheben zu lassen. Der Mieter kann einen Mangel nur dann auf Kosten des Vermieters beheben lassen, wenn der Vermieter mit der Beseitigung des Mangels in Verzug ist, oder die umgehende Beseitigung des Mangels zur Erhaltung des Bestandes der Mietsache notwendig ist (z. B. undichtes Dachfenster). In Verzug ist der Vermieter nur, wenn der Mieter ihn zur Beseitigung eines Mangels innerhalb einer bestimmten angemessenen Frist aufgefordert hat, und der Vermieter dieser Aufforderung nicht nachgekommen ist. Eine mehrfache, wiederholte Aufforderung ist jedoch nicht notwendig. Davon gibt es aber Ausnahmen: Erweist sich z.B. die angemahnte Reparatur eines Wasserboilers als undurchführbar, muß der Mieter den Vermieter erneut mahnen, bevor er das defekte Gerät in Selbsthilfe erneuern und Kostenerstattung beanspruchen kann (AG Görlitz, Urteil vom 2. Juni 1994, Az: 4 C 0006/94, 4 C 6/94). Aus der Mahnung sollte also genau ersichtlich sein, was vom Vermieter verlangt wird.

    Vertraglicher Ausschluß:
    Das Minderungsrecht kann nicht z. B. im Mietvertrag ausgeschlossen werden (§ 536d BGB).
    Für reine Minderungsansprüche ist ein Verzug des Vermieters – anders als z. B. beim >>>Aufwendungsersatz – nicht erforderlich.

    Zusätzlich Zurückbehaltungsrecht:
    Behebt der Vermieter den Mangel nicht und ist er mit der Mangelbeseitigung in Verzug, so kann der Mieter den Mangel auf Kosten des Vermieters beheben lassen, und Kostenersatz verlangen >>> Aufwendungsersatz. Wegen der Kosten kann er hinsichtlich der Miete eine Zurückbehaltungsrecht ausüben und zwar neben den Mietminderungs-ansprüchen. Es beläuft sich der Höhe nach höchstens auf den fünffachen Betrag einer fiktiven Minderungsquote wegen des zu beseitigenden Mangels. LG Berlin Urteil vom 15. März 2002, Az: 63 S 54/00 Quelle: MM 2002, 225-227

    Voraussetzung

    Voraussetzung für die Minderung der Miete ist jedoch immer und grundsätzlich, dass der Mieter den konkreten Mangel dem Vermieter zuvor angezeigt hat, und zwar unverzüglich (§ 536 c BGB). Irgend welche Fristen gibt es nicht. Der Mieter muss den Vermieter auch nicht etwa auffordern, den Mangel zu beheben. Der Mieter kann in dem gleichen Schreiben den Mangel anzeigen und mitteilen, dass er bis zur Mangelbeseitigung die Miete um den Betrag von……mindern werde. Es empfiehlt sich aus Beweisgründen, dies schriftlich zu tun, obwohl das Gesetz für die Mängelanzeige keine besondere Form vorschreibt. Umgekehrt kann sich auch der Mieter schadensersatzpflichtig machen, wenn er einen Mangel nicht unverzüglich dem Vermieter anzeigt (§ 536 c Abs 2 BGB). Unterläßt der Mieter die Mangelanzeige, kann er zum Ersatz von Folgeschäden verpflichtet sein (je nach Einzelfall).

    Ausschluß der Minderungsansprüche bei Kenntnis

    Kennt der Mieter den Mangel bereits bei Abschluss des Vertrages, so kann er die Miete deswegen nicht mindern (§ 536d BGB). Ist dem Mieter der Mangel aufgrund grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, kann er nur dann später mindern, wenn der Vermieter ihm den Mangel arglistig verschwiegen hat. Dabei ist grundsätzlich eine Verpflichtung des Vermieters anzunehmen, den Mieter auf verborgene Mängel, die die Tauglichkeit mindern, hinzuweisen (Beispiel: nur zu bestimmten Tages- oder Nachtzeiten auftretender Lärm). Der Mieter würde seinerseits zum Beispiel dann grob fahrlässig handeln, wenn er vor der Anmietung das Objekt nur teilweise besichtigt, also manche Zimmer gar nicht erst anschaut. Weitere Einzelheiten dazu siehe >>> Sachmangel

    Verlust der Minderungsansprüche durch vorbehaltslose Zahlung der vollen Miete

    Hat der Mieter zum Beispiel eine Lärmbelästigung über 2 Jahre lang hingenommen, ohne die Miete zu mindern und hat er die Miete regelmäßig ohne entsprechenden Vorbehalt bezahlt, so gilt nach dem seit 01. September 2001 geltenden neuen Mietrecht und dem Urteil des BGH vom 16. Juli 2003 dazu Folgendes: Wegen des Zeitraumes vor dem 1. September 2001 verliert der Mieter alle Ansprüche auf Minderung durch die vorbehaltslose Zahlung der Miete. Beispiel: Der Mangel zeigte sich bereits im März 2001, der Mieter unternahm deswegen aber über 6 Monate lang gar nicht, und zahlte die Miete in voller Höhe weiter. – Ergebnis: Er kann wegen dieses Mangels jetzt keine Minderung mehr geltend machen.

    Für den Zeitraum nach dem 1. September 2001 bleiben die Ansprüche des Mieters in vollem Umfang erhalten, auch wenn (trotz des Mangels) vorbehaltslos immer die volle Miete bezahlt wurde. Der Mieter kann also nunmehr z.B. für einen Mangel, der schon 10 Monate vorhanden ist noch die Miete mindern. Zu beachten ist aber, dass dies nicht bedeutet, dass die Miete rückwirkend gemindert werden kann. Der Mieter kann nur die jeweils fällig werdende Miete mindern! (BGH Urteil v. 16.07.2003 Az VIII ZR 274/02). Das ging früher nach alter Rechtslage nicht. Das Minderungsrecht geht also nach neuem Recht nicht mehr durch (stillschweigenden) Verzicht verloren. Zu beachten ist aber, dass nach wie vor dem Vermieter der Mangel angezeigt sein worden muss. Erst ab dem Zeitpunkt der Anzeige des Mangels steht dem Mieter ein Minderungsrecht überhaupt zu. Die Mangelanzeige und Mitteilung über eine Minderung können zusammen in einem Schreiben erfolgen, gleichzeitig sollte nochmals ausdrücklich erklärt werden (siehe nachstehendes Urteile), dass die Miete künftig nur noch unter Vorbehalt bezahlt wird.
    Eine „rückwirkende“ Mietminderung wäre eine Rückforderung in der Vergangehiet zuviel bezahlter Miete. Ein solcher Anspruch des Mieters setzt voraus, dass bei den Mietzahlungen ausdrücklich erklärt wurde, dass die Zahlung nur unter dem Vorbehalt der Rückforderung erfolgt. Die vorangegangene Ankündigung, man werde die Miete mindern, reicht nicht aus. AG Gotha, Urteil vom 24. März 2003, Az: 2 C 116/02.

    Mietrecht 1- 2015 Mietrechtslexikon